taz.de -- NSA-Untersuchungsausschuss: Einblick in die Geheimdienst-Liste
Mitglieder des Gremiums erfahren, wen der Bundesnachrichtendienst ausspioniert hat. Die Öffentlichkeit erfährt es nicht.
Berlin taz | Mitglieder des NSA-Untersuchungsausschusses dürfen seit Montag eine geheime Selektorenliste des BND einsehen. Die Liste beinhaltet E-Mail-Adressen, Telefonnummern und andere Daten von Menschen, die der Nachrichtendienst – möglicherweise rechtswidrig – ausspioniert hat.
Das Dokument liegt im Kanzleramt für den Ausschussvorsitzenden Patrick Sensburg (CDU) und die Obleute der Fraktionen bereit. Die Abgeordneten dürfen der Öffentlichkeit allerdings nicht im Detail über den Inhalt berichten. Zudem bleibt die brisantere NSA-Selektorenliste weiterhin unter Verschluss.
Für die NSA-Liste interessiert sich der Untersuchungsausschuss schon seit Monaten. Sie beinhaltet Daten von Menschen, die der BND nicht aus eigenem Antrieb, sondern im Auftrag des amerikanischen Geheimdienstes ausspioniert hatte. Die Bundesregierung verweigert den Abgeordneten jedoch, auch dieses Dokument einzusehen.
Einblick hatte bisher nur ein sogenannter Sonderermittler des Bundestags, auf den sich Sozialdemokraten und Union geeinigt hatten: Kurt Graulich, ehemaliger Bundesrichter und SPD-Mitglied. Die Opposition zweifelt an seiner Unabhängigkeit und möchte die Liste daher selber sehen.
Die BND-Liste, um die es jetzt geht, hatte der deutsche Geheimdienst ohne Auftrag aus den USA erstellt. Um dieses Dokument hatte sich bisher ein anderer Bundestagsausschuss gekümmert: das Parlamentarische Kontrollgremium. Einige seiner Mitglieder haben bereits Einblick in die Liste. In den vergangen Wochen sickerte durch, dass sie darin Daten von europäischen Beamten, Politikern und Institutionen gefunden haben.
Dass nun auch Mitglieder des U-Ausschusses diese Liste sehen dürfen, hat vor allem einen Sinn: Sie sollen prüfen, ob die BND-Liste weiterhin Sache des Parlamentarischen Kontrollgremiums bleiben kann oder ob sie die Hintergründe des Dokuments selbst ermitteln wollen. In diesem Fall müsste der Untersuchungsauftrag unter Umständen geändert werden.
23 Nov 2015
AUTOREN
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Die Überwachungskommission des Bundestags hat keinen Anspruch auf Herausgabe der NSA-Selektoren. So hat es das Bundesverfassungsgericht entschieden.
Unter Berufung auf das „Staatswohl“ will Schwarz-Rot keine Angaben über eine Zusammenarbeit des BND mit dem syrischen Geheimdienst machen.
Das Hackernetzwerk Anonymous bekämpft den Islamischen Staat im Netz. Es macht sich damit ganz neue Freunde.
Der NSA-Ausschuss soll die Selektorenliste des BND einsehen dürfen. Aus ihr soll hervorgehen, dass der Dienst befreundete Staaten ausspioniert hat.
Union und SPD wollen den Bundesnachrichtendienst stärker kontrollieren. So soll das Ausspähen unter Freunden künftig vermieden werden.
Erneut wollte der NSA-Ausschuss den Whistleblower anhören – ohne Erfolg. Die Opposition will klagen. Hollande empört sich über den BND.