taz.de -- Parteienstreit um Flüchtlinge: SPD verteidigt Merkel gegen CSU
Immer vehementer wird die Abgrenzung der CSU von Merkels Flüchtlingspolitik. Beim Koalitionspartner SPD stößt das auf Unverständnis.
Berlin dpa | Der Koalitionspartner SPD hat Kanzlerin Angela Merkel gegen die scharfen Attacken von CSU-Chef Horst Seehofer in der Flüchtlingspolitik in Schutz genommen. Die Kritik sei unsachgemäß und helfe nicht weiter, sagte der SPD-Fraktionsvorsitzende Thomas Oppermann dem Südwestrundfunk. „Diese Kritik aus der CSU, die ist wohlfeil. Die CSU kann keine Alternative aufzeigen.“
SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi sagte: „Ich halte überhaupt nichts davon, auf dem Rücken der Flüchtlinge jetzt parteipolitisches Gezänk zu betreiben.“ Das verunsichere nur die Menschen in Deutschland und zerstöre die vorhandene Hilfsbereitschaft, sagte sie den Zeitungen der Funke Mediengruppe. „Wir sollten jetzt alle Kraft darauf verwenden, die richtigen Entschlüsse zu fassen, um die Flüchtlinge unterzubringen und rasch zu integrieren.“
Seehofer hatte Merkels Entscheidung vom vergangenen Wochenende kritisiert, Flüchtlinge aus Ungarn unregistriert nach Deutschland reisen zu lassen. „Das war ein Fehler, der uns noch lange beschäftigen wird. Ich sehe keine Möglichkeit, den Stöpsel wieder auf die Flasche zu kriegen“, sagte er dem Nachrichtenmagazin Der Spiegel. Zugleich kündigte er an, den umstrittenen ungarischen Regierungschef Viktor Orban zur nächsten CSU-Klausurtagung einzuladen, um gemeinsam mit ihm nach einer Lösung der Flüchtlingskrise suchen.
Dies kritisierte SPD-Bundesvize Ralf Stegner. Dass Seehofer demonstrativ die Nähe „des unseligen ungarischen Rechtspopulisten“ Orban suche, zeige, „dass die CSU ihre Geisterfahrt in der Flüchtlings- und Europapolitik fortsetzen will“. Dem Handelsblatt sagte Stegner: „Zum Glück für Deutschland wird so eine unverantwortliche Haltung niemals gemeinsame Politik einer Bundesregierung sein können, an der die SPD beteiligt ist.“
Außerdem verglich Stegner Seehofer mit Donald Trump, einem Kandidaten der US-Republikaner für die nächste Präsidentenwahl. „Horst Seehofer muss aufpassen, dass er nicht zu einem deutschen Donald Trump wird“, sagte er der Bild am Sonntag.
Mit Orban reden?
Kritik an der CSU kam auch aus der Opposition. Statt dafür zu sorgen, dass Asylsuchende gut versorgt und integriert würden, spiele die CSU „den Rambo“ und setze weiter „auf Abgrenzung und Schikanen“, sagte Grünen-Chefin Simone Peter den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
Der Parteivorsitzende der Linken, Bernd Riexinger, warf der CSU vor, „Rassismus endgültig zur Chefsache“ zu machen. „Nachdem bislang fast jeder aus der CSU mit fragwürdigen Äußerungen über Flüchtlinge vorpreschen durfte, setzt Seehofer jetzt noch einen drauf und macht damit klar, dass die CSU sich (...) mit einem strammen Rechtskurs profilieren will.“
Der Vorsitzende der EVP-Fraktion im Europaparlament, Manfred Weber (CSU), verteidigte die Einladung des ungarischen Regierungschefs durch Seehofer. „Man muss mit Orban reden. Bei der Grenzsicherung bringt er Dinge ein, die wir in Europa diskutieren müssen“, sagte er der Mittelbayerischen Zeitung. „Wer den Schengenraum und damit die Reisefreiheit erhalten will, muss dafür sorgen, dass die Außengrenze gesichert wird.“
Der ehemalige bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) forderte die Kanzlerin auf, stärker auf die Sorgen der Skeptiker einzugehen. „Wir müssen denen, die sich Sorgen machen, sagen, was in einem, in zwei Jahren ist. Dazu ist die Bundesregierung bisher noch sehr zurückhaltend. Aber darauf wird es ankommen“, sagte Stoiber der Zeitung Die Welt.
13 Sep 2015
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