taz.de -- Kommentar deutsche Flüchtlingspolitik: Wehleidige Klagen

Lange hat Deutschland in der europäischen Flüchtlingspolitik gebremst. Nun kooperiert es mit Brüssel. Doch ist die Hilfe ehrlich?
Bild: Wie auch bei der Griechenlanddebatte duckt sie sich bei der Flüchtlingspolitik weg: Kanzlerin Merkel.

Erst die „Pleitegriechen“, nun die Flüchtlinge. Und schon wieder kommt in Deutschland diese wehleidige Klage auf, dass „wir“ am meisten leisten und für „die anderen“ zahlen. Briten, Polen und Balten sollten auch mal Asylbewerber aufnehmen, Deutschland könne nicht alles allein stemmen, fordert der Stammtisch.

Aus EU-Sicht ist dies eine bizarre Debatte. Die Mittelmeeranrainer, allen voran Italien und Griechenland, tragen seit Jahren die Hauptlast der Migranten – sie tun viel mehr als „wir“. Und schließlich war es Berlin, das nach dem ersten Flüchtlingsdrama vor Lampedusa 2013 eine Änderung der EU-Politik ablehnte.

Erst jetzt, da immer mehr Flüchtlinge nach Deutschland wollen, wacht die deutsche Politik auf. Plötzlich ist sie nicht nur bereit, im Mittelmeer bei der Rettung von Migranten zu helfen, sondern sich sogar an einem Quotensystem zur gerechteren Verteilung zu beteiligen. Beides war jahrelang tabu.

Nun freut sich die EU-Kommission in Brüssel über die Unterstützung von Kanzlerin Angela Merkel. Doch ist es eine echte, ehrliche Hilfe? Ähnlich wie in der Griechenlanddebatte duckt sich Merkel auch bei den Flüchtlingen weg. Ähnlich wie bei den Hilfen für Hellas geht es vor allem darum, die Kosten für „uns“ zu mindern.

Und genau wie in der Griechenlandkrise werden auch diesmal Vorteile und Vergünstigungen verschwiegen.

Brüssel versagt anders als gedacht

Dass die Bundesrepublik Hunderte Millionen Euro an EU-Hilfe zur Bewältigung der Flüchtlingskrise erhält, hat man aus Merkels Mund jedenfalls noch nicht gehört. Umso lauter wird in Berlin über das Versagen der Europäischen Union geklagt.

Tatsächlich versagt Brüssel, aber anders, als man in Berlin denkt. Die EU ist auf dem Balkan und im Nahen Osten gescheitert, also in der Außen- und Nachbarschaftspolitik. Und sie hat es versäumt, legale Fluchtwege zu öffnen, die eine sozial verträgliche Lösung der aktuellen Krise ermöglichen würden.

Die Verteilung der Flüchtlinge hingegen ist keine Aufgabe für Brüssel, auch wenn die EU-Kommission dies behauptet. Das müssen die EU-Staaten schon unter sich ausmachen. Warum spricht Merkel nicht mit den Polen und Briten, warum sucht sie mit ihrem Buddy David Cameron nicht nach besseren Lösungen? Das würde mehr helfen als Schimpfen auf Brüssel.

19 Aug 2015

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Eric Bonse

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