taz.de -- Argentinien übt die Präsidentenwahl: Der Kandidat der Macht liegt vorn
Bei den argentinischen Vorwahlen siegt das Regierungslager. Unter den anderen schneiden nur konservative Parteibündnisse gut ab.
Buenos Aires taz | Daniel Scioli heißt der große Gewinner der Vorwahlen in Argentinien. Der Gouverneur der Provinz Buenos Aires setzte sich mit knapp 38 Prozent der Stimmen an die Spitze der Bewerber um das Präsidentenamt. Auf den Plätzen folgen Mauricio Macri mit 31 Prozent und Sergio Massa 21 Prozent. Diese drei gehen als aussichtsreichste Kandidaten in das Rennen für die Präsidentschaftswahl am 25. Oktober. Damit rückt Argentinien nach rechts, denn die drei vertreten eine konservative Politik.
Vorwahlen in Argentinien sind mehr als nur ein Stimmungstest. Es herrscht Wahlpflicht und alle der rund 32 Millionen Wahlberechtigten, nicht nur Parteimitglieder, müssen ihre Stimmen abgeben. Mit dem Ergebnis stellte Präsidentin Cristina Kirchner eindrucksvoll unter Beweis, dass sie den Präsidentenstab weiterhin fest in den Händen hält.
Nach dem noch immer ungeklärten Tod des Staatsanwalts Alberto Nisman im vergangenen Januar war sie stark angeschlagen. Da die Verfassung eine dritte Amtszeit in unmittelbarer Folge nicht erlaubt, endet ihre Präsidentschaft im Dezember. Doch während viele Präsidenten spätestens in ihrem letzten Amtsjahr schwächeln, zieht Cristina Kirchner erfolgreich die Strippen. Daniel Scioli war der einzige Kandidat der Regierungspartei, der sich zur Wahl stellte.
Gut vier Wochen vor der Wahl hatte die Präsidentin alle Mitkonkurrenten aufgefordert, ihre Kandidaturen zurückzuziehen. Diese folgten der Anweisung. Zudem stellte die Präsidentin mit Carlos Zannini einen Kirchneristen der ersten Stunde als Vizepräsidentschaftskandidaten an die Seite von Scioli. In Argentinien wird, wie in den USA, eine Formel von Präsident und Vize gewählt.
Wirtschaftswachstum als Grund für den Wahlerfolg
Mit diesem überraschenden und geschickten Schachzug sichert sie sich weiterhin den Einfluss auf die Regierungsgeschäfte. Zannini hat als Minister der zweiten Reihe ein eher technokratisches Amt und ist für die korrekte Ausformulierung von Gesetzesvorhaben zuständig. Diesen Job machte er bereits als Néstor Kirchner Bürgermeister in Río Gallegos und danach Gouverneur der Provinz Santa Cruz war und schließlich unter den Präsidenten Néstor und Cristina.
Mauricio Macri setzte sich dagegen überlegen gegen zwei parteiinterne MitbewerberInnen durch. Das beste Ergebnis erzielte sein Mitte-Rechts-Bündniss mit 49 Prozent der Stimmen in der Hauptstadt. In einigen Stadtbezirken kletterte die Zustimmung auf über 65 Prozent.
Macris bislang größte Erfolge sind die Wahl zum Bürgermeister der Hauptstadt 2007 und seine Wiederwahl 2011. In vergangenen Juli wurde sein Nachfolger, Horacio Rodríguez Larreta, in der Stichwahl ins Amt gewählt. Für viele Hauptstädter ist die hohe Zustimmung für die Kirchner-Partei denn auch unbegreiflich. Doch die Hauptstadt ist Mundo Clarín, in der die einflussreiche und oppositionelle Clarín-Gruppe meinungsbildend ist. Während in den Publikationen und Fernsehkanälen des Medienriesen seit Jahren mit Korruptionsvorwürfen das Bild eines sich bereichernden Politclans aus dem Süden des Landes gezeichnet wird, interessiert dieses Thema in den Provinzen des Landes kaum jemanden.
Dort stehen Arbeit, Wirtschaft und Konsum auf der Themenliste ganz oben. Und dabei setzt der Großteil auf die Erfahrung in der Kirchner-Ära. Der große Crash um die Jahrtausendwende ist nicht vergessen und der 2010 überraschend verstorbene Néstor Kirchner gilt für viele als der Mann, der sie ab 2003 aus Armut und Chaos führte. Daniel Scioli war sein Vizepräsident.
10 Aug 2015
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