taz.de -- Fall Sandra Bland in den USA: Es soll Selbsttötung gewesen sein

Laut Staatsanwaltschaft zeigt die Autopsie, dass sich Sandra Bland im Gefängnis das Leben genommen hat. Sie soll Marihuana im Körper gehabt haben.
Bild: Großes Interesse: Staatsanwalt Warren Diepraam teilt der Presse die neuesten Erkenntnisse mit.

Washington dpa | Die Behörden in Texas gehen im Fall der in einer Gefängniszelle gestorbenen [1][Sandra Bland] nach vorläufigen Autopsieergebnissen von einem Suizid aus. Bei den Tests seien im Körper der Frau zudem Hinweise auf Marihuana gefunden worden, sagte Staatsanwalt Warren Diepraam am Donnerstag.

Die junge Schwarze war wegen eines Verkehrsverstoßes festgenommen worden und am 13. Juli im Gefängnis in Hempstead gestorben. Die Polizei hatte von Beginn an gesagt, nach ersten Untersuchungen sei von Suizid auszugehen. Die Familie der 28-Jährigen bezweifelte das.

Blands Festnahme durch einen weißen Polizisten und ihr Tod drei Tage später haben in den USA neue Debatten über Polizeigewalt gegen Schwarze ausgelöst. Bland hatte unweit von Houston mit ihrem Auto die Fahrspur gewechselt, ohne zu blinken. Als ein Polizist sie stoppte, gerieten beide in einen lauten Streit. Sie kam ins Gefängnis wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt. Die Polizei veröffentlichte ein Video des Vorfalls.

Staatsanwalt Diepraam erläuterte, er rechne nicht mit einer zweiten Autopsie durch die Behörden. Die Familie hatte eine unabhängige Untersuchung der Todesursache gefordert.

Schnittwunden am Handgelenk

In den Medien waren angebliche Hinweise aufgetaucht, dass Bland in der Vergangenheit suizidgefährdet gewesen sein und Drogen genommen haben soll. Der Staatsanwalt sagte am Donnerstag, er erwarte mehr Resultate zur Droge in den kommenden Tagen. Die im Körper gefundene Rauschgiftmenge – nach drei Tagen in der Zelle – deute auf starken Konsum hin.

Bland habe laut Autopsie rund 30 Schnittwunden am linken Handgelenk gehabt, schrieb CNN. Diese seien am Verheilen gewesen. Weitere Wunden an den Handgelenken passten dazu, dass die Frau beim Anlegen von Handschellen Widerstand geleistet habe, wurde der Anklagevertreter zitiert.

Nach einem [2][Bericht der New York Times] vom Mittwoch sagte Bland selbst gegenüber Beamten aus, dass sie sich früher habe umbringen wollen. Trotzdem seien im Gefängnis keine besonderen Vorkehrungen zum Schutz der Frau getroffen worden.

Sowohl das Vorgehen des Polizisten bei der Festnahme als auch das Verhalten der Behörden im Gefängnis werden von der Familie der Toten und im Internet viel kritisiert. Der Polizist wurde aus dem Streifendienst genommen. Nach Medienberichten hat Blands Familie, die aus dem Raum Chicago kommt, privat eine weitere Autopsie in Auftrag gegeben. Am Samstag soll in Lisle (Illinois) die Beerdigung sein.

24 Jul 2015

LINKS

[1] /Afroamerikanerin-stirbt-in-Gefaengniszelle/!5216070
[2] http://www.nytimes.com/2015/07/24/us/autopsy-of-sandra-bland-finds-injuries-consistent-with-suicide-prosecutor-says.html?hp&action=click&pgtype=Homepage&module=second-column-region%C2%AEion=top-news&WT.nav=top-news

TAGS

USA
Gefängnis
Polizei
Schwerpunkt Polizeigewalt und Rassismus
Schwerpunkt Rassismus
Schwerpunkt Rassismus
USA
Schwerpunkt Rassismus
Schwerpunkt Rassismus
Schwerpunkt Rassismus
USA
Schwerpunkt Rassismus

ARTIKEL ZUM THEMA

Fall Sandra Bland in den USA: Polizist unter Anklage

Nachdem die Afroamerikanerin Sandra Bland im Juli in Haft verstarb, kommt jetzt ein Polizist vor Gericht. Er hatte sie verhaftet und wird wegen Meineids angeklagt.

Polizeiwillkür in den USA: Keine Anklage im Fall Sandra Bland

Sandra Bland starb im Juli in einem Gefängnis in Texas, festgenommen wegen einer Bagatelle. Eine Jury entschied nun: Anklage wird nicht erhoben.

Polizeigewalt in den USA: Unbewaffneter Schwarzer erschossen

Die texanische Polizei hat in der Nähe von Dallas einen unbewaffneten Schwarzen erschossen. Zuvor habe es eine Auseinandersetzung gegeben, sagen die Beamten.

Gewalt gegen Schwarze in den USA: Mordanklage gegen Polizisten

Die Staatsanwaltschaft in Cincinnati klagt ihn an, weil er einen Schwarzen bei einer Verkehrskontrolle grundlos erschoss. Der Fahrer hatte kein Nummerschild am Auto.

Kolumne Der rote Faden: Wir werden es überwinden

In Texas stirbt eine Afro-Amerikanerin im Knast, in Charleston agitieren Rassisten auf der Straße. Und „The Donald“ macht einen Bauchklatscher.

Diskussion um Tod von Sandra Bland: Widersprüchliche Dokumente

Die Behörden sagen, Sandra Bland könnte suizidal gewesen sein und habe sich selbst getötet. Familie und Freunde glauben das nicht.

Kommentar US-Justizsystem: Verhaften, verurteilen, wegsperren

Der Fall Sandra Bland zeigt, wie kaputt das Justizsystem der USA ist. Rassismus regiert. Obamas geplante Reform ist überfällig – und greift zu kurz.

Afroamerikanerin stirbt in Gefängniszelle: Angehörige bezweifeln Suizid

„Black Lives Matter“-Aktivistin Sandra Bland wurde wegen einer Bagatelle festgenommen. Drei Tage später starb sie in ihrer Gefängniszelle.