taz.de -- Urteil zu umstrittenen Kohl-Interviews: Ghostwriter muss Tonbänder abgeben
Der Ghostwriter Heribert Schwan darf Aufnahmen von Interviews mit Ex-Bundeskanzler Helmut Kohl nicht behalten, urteilte der BGH.
KARLSRUHE taz | Ein Ghostwriter darf die bei der Buchproduktion entstandenen Aufzeichnungen nicht für sich behalten. Altkanzler Helmut Kohl konnte deshalb von seinem Ghostwirter Heribert Schwan die Herausgabe von rund 135 Tonbandrollen verlangen. Das entschied jetzt der Bundesgerichtshof (BGH).
Der Journalist Schwan schrieb die ersten drei Bände von Kohls Memoiren. Zur Vorbereitung sprach Kohl 2001 und 2002 mit Schwan rund 600 Stunden lang über sein Leben. Dabei entstanden die Tonbänder. Beim vierten Band der Autobiographie kam es jedoch zum Streit und die Zusammenarbeit wurde beendet.
Im Herbst 2014 erschien dann ein Buch von Schwan, bei dem er die alten Tonbänder auswertete: „Vermächtnis – Die Kohl-Protokolle“. Das Buch sorgte für Furore, weil Kohl in den Gesprächen mit Schwan unverblümt über andere Politiker hergezogen war.
Schon bei Schwans Ankündigung des Buches 2012 hatte ihn der Kanzler auf Herausgabe der Bänder verklagt und damit in allen Instanzen Erfolg – jetzt auch beim BGH. Zwischen Kohl und Schwan habe ein „auftragsähnliches Rechtsverhältnis“ bestanden, nach dessen Ende Schwan alles herausgeben musste, was er während des Auftrags erhalten hat, so der BGH. „Das bezog sich nicht nur auf erhaltene Dokumente, sondern auch auf die aufgezeichneten Erinnerungen.“ (Az.: V ZR 206/15)
Schwan hatte die Bänder schon nach dem ersten für ihn negativen Urteil Ende 2013 übergeben. Allerdings behielt er Kopien zurück, mit deren Hilfe er dann das Buch schrieb. Auf Klage von Kohl musste Schwans Verlag inzwischen 115 Stellen schwärzen. In dieser Sache wird weiter prozessiert.
10 Jul 2015
AUTOREN
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Fünf Millionen Euro will Kohl von seinem Exbiografen. Das Landgericht Köln deutet an, in welche Richtung das Urteil gehen kann.
Heribert Schwan muss für die nächste Ausgabe seiner Kohl-Biographie die teils deftigen Aussagen des Altkanzlers streichen, entschied ein Gericht.
Die Anwälte des Altkanzlers nehmen ihr Rechtsmittel gegen die Veröffentlichung des Buchs „Vermächtnis – die Kohl-Protokolle“ zurück.
Heribert Schwan hat Kohls Erinnerungen für sein Buch ausgewertet. Dieser Vertragsbruch ist nicht mit öffentlichem Interesse zu rechtfertigen.
Helmut Kohl siegt vor Gericht: Er soll weiterhin alleinigen Zugriff auf Hunderte Stunden aufgezeichneter Gespräche mit seinem Biografen haben.