taz.de -- Kommentar Zschäpes Vertrauensverlust: Die Angeklagte darf schweigen
Beate Zschäpe ist unzufrieden mit ihrer Verteidigerin. Ihre Begründung für das Zerwürfnis bleibt vage. Das kann man ihr nicht vorwerfen.
Wie geht der Rechtsstaat mit seinen mutmaßlich schlimmsten Feinden um? Das war nicht nur bei den RAF-Prozessen in den 70er und 80er Jahren ein großes Thema. Auch im Münchener NSU-Verfahren gegen Beate Zschäpe stellt sich die Frage – allerdings deutlich weniger dramatisch.
Zschäpe erkennt das Gericht an, sie beschimpft nicht die Richter, sie ist lediglich mit ihren Verteidigern unzufrieden. Zum zweiten Mal hat sie jetzt einen sogenannten Entbindungsantrag gestellt, diesmal aber nur gegen die Anwältin Anja Sturm.
Die Begründung, warum Zschäpe ihrer – einst ja selbst gewählten – Verteidigerin nicht mehr vertraut, bleibt vage. Doch kann man ihr das vorwerfen? Vor Gericht darf Zschäpe ja schweigen, sie hat diese Strategie bisher auch gewählt. Muss sie nun denselben Richtern wirklich Details des Verhältnisses zu ihrer Anwältin offenbaren?
Das wirkt widersprüchlich, zumal die Gründe für das Zerwürfnis ja nicht nur den Richtern bekannt würden, sondern auch den Nebenklägern, ihren Anwälten und damit alsbald auch der gesamten Öffentlichkeit.
Man könnte also den Satz „im Zweifel für die Angeklagte“ sinngemäß auch hier anwenden.
Doch was ist, wenn Zschäpe in einem Vierteljahr dann mit ähnlich vager Begründung auch die beiden anderen Anwälte, Heer und Stahl, ablehnt? Und alsbald auch deren Nachfolger? Die Möglichkeit, bei Vertrauensverlust den Pflichtverteidiger zu wechseln, soll ja nicht dazu dienen, dass die Angeklagte jederzeit den Prozess torpedieren kann.
Es spricht deshalb manches dafür, das Verfahren zu überdenken und gesetzlich neu zu regeln. Nur wenn ganz andere Richter über den Verteidigerwechsel entscheiden, ist es legitim, eine umfassende Darlegung des Konflikts zu verlangen.
15 Jun 2015
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