taz.de -- Drohungen gegen AfD-Gegner: „Keine normale Partei“

Patrick Rohde verhinderte eine Schuldiskussion mit der AfD. Deswegen wird er von Rechten im Netz bedroht.
Bild: Auf dem Landesparteitag der AfD Schleswig-Holstein

taz: Herr Rohde, seit einiger Zeit werden Sie in rechten Internetforen und -blogs angegriffen. Was ist vorgefallen?

Patrick Rohde: Als ich für eine Hausarbeit über Euro-Skepsis recherchierte, stieß ich auf der Internetseite des AfD-Landesverbandes Schleswig-Holstein auf einen Veranstaltungshinweis: eine Podiumsdiskussion zum Thema „Die Zukunft der Flüchtlingspolitik“. Stattfinden sollte sie ausgerechnet an meiner ehemaligen Schule, dem Kopernikus-Gymnasium Bargteheide. Ich habe den zuständigen Lehrer angerufen und ihn aufgefordert, die AfD von der Veranstaltung auszuladen. Als er dies ablehnte, habe ich auf Facebook dazu aufgerufen, friedlich gegen die Veranstaltung zu protestieren. Letztendlich hat die Schule die Veranstaltung abgesagt - und zwar mit der Begründung, dass es Aufrufe gegeben hätte, die Diskussion zu boykottieren und zu stören. Von „friedlichem Protest“ war nicht die Rede. Die AfD machte bundesweit auf diesen „Skandal“ aufmerksam. Bald darauf wurde ich in verschiedenen rechten Blogs und in Foren angefeindet und bedroht.

Was mussten Sie sich denn anhören? Womit wurde Ihnen gedroht?

Die Vorwürfe gingen immer in dieselbe Richtung: Ich sei ein Faschist, der Meinungen unterdrückt und die SchülerInnen entmündigt. Außerdem würde ich beweisen, dass Gewalt eben doch das bessere Argument sei. Man beleidigte mich als „grüne Faschofratze“ und „Demokratietöter“. Die Drohungen gingen von Sprüchen wie „Wir finden dich“ bis zu expliziten Aufrufen zu Gewalt gegen mich. Außerdem wurde mir die „linke Angst vorm schwarzen Mann“ vorgeworfen.

Vor dem „schwarzen Mann“?

Das bezieht sich auf den AfD-Vertreter, den die Schule zu der Veranstaltung eingeladen hatte, Achille Demagbo (Gründungs- und Vorstandsmitglied der AfD Schleswig-Holstein, Anm. d. Red.). Mir wurde unterstellt, ich sei rassistisch, weil ich ihn nicht zu Wort kommen lassen wollte. Dabei ging es mir gar nicht um die Einzelperson Demagbo, sondern um die Partei. Übrigens kannte ich den Namen des AfD-Vertreters noch gar nicht, als ich bei der Schule anrief.

Man hatte Ihnen auch angeboten, sich an der Diskussion zu beteiligen. Warum haben Sie die Einladung nicht angenommen?

Solche Veranstaltungen tragen zur Normalisierung der AfD bei. Das sieht man auch daran, wie prominent die Partei die Schuldiskussion auf ihrer Website beworben hatte. Nach dem Motto: „Schaut her, wir werden zu einer Schulveranstaltung eingeladen - und dürfen sogar über Flüchtlinge sprechen.“ Die AfD ist aber keineswegs eine normale Partei. Das konnte man im Kreis Stormarn, dem Landkreis, zu dem auch Bargteheide gehört, zum Beispiel sehen, als einer ihrer Vertreter den Holocaust leugnete.

Den Holocaust leugnete?

Ja, Dirk Helms, der ehemalige Sprecher des Kreisverbands, behauptete im Oktober vergangenen Jahres im Rahmen einer Parteiveranstaltung, die Alliierten hätten im KZ Dachau Gaskammern errichtet, um die Öffentlichkeit zu täuschen. Er musste letztendlich zwar aus der Partei austreten, aber erst als der öffentliche Druck zu groß geworden war. Während der Veranstaltung gab es Kritik, aber auch viel Applaus für seine geschichtsrevisionistischen Thesen.

Wie wehren Sie sich gegen die Bedrohungen?

Ich habe meine Adresse beim Einwohnermeldeamt geblockt. Sie ist jetzt nicht mehr erfragbar. Außerdem habe ich gegen alle, die mich bedroht haben, Anzeige erstattet. Ich werde von einer Berliner Beratungsstelle für Opfer rechter Gewalt unterstützt.

29 May 2015

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Philipp Idel

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