taz.de -- Rückzug von Erika Steinbach: Polen ist erleichtert
Wenige Radikale in Warschau halten das geplante Vertriebenenmuseum "Sichtbares Zeichen" für inakzeptabel.
In Polen ist die Erleichterung groß. Erika Steinbach, die Vorsitzende des Bundes der Vertriebenen (BdV), wird nicht im Programmrat des in Berlin geplanten Vertriebenenmuseums "Sichtbares Zeichen" sitzen. "Das ist ein guter Tag für uns!", kommentierte nicht nur Polens Parlamentspräsident Bronislaw Komorowski den Rückzug Erika Steinbachs. "Das sind sehr gute Nachrichten", sagte auch Polens Regierungssprecher Pawel Gras.
Er wertete die Entscheidung des BdV-Vorstandes als Erfolg des polnischen Deutschlandbeauftragten Wladyslaw Bartoszewski. Der Auschwitzüberlebende habe in seinen Gesprächen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel klar machen können, dass die Wahrheit über den Zweiten Weltkrieg nicht verzerrt werden dürfe. Zuvor hatte Polens Außenminister Radoslaw Sikorski die Vertreibungsgeschichte Steinbachs auf die Formel gebracht: "Sie kam mit Hitler, und sie musste mit Hitler verschwinden."
Jan Rzymelka, dem Warschauer Vorsitzenden der deutsch-polnischen Parlamentariergruppe, steht die Freude über den glücklichen Ausgang der Causa Steinbach ins Gesicht geschrieben. "Die Vertriebenenorganisation ,Preußische Treuhand' scheiterte vor einigen Wochen mit ihrer Klage gegen Polen vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg", sagt er der taz. "Nun zieht der BdV seine umstrittene Vorsitzende von der Nominierung für das Vertriebenenmuseum zurück. Das ist so gut, dass ich es kaum beschrieben kann!" Er hoffe, man könne sich nun endlich verstärkt Themen der Gegenwart und Zukunft zuwenden.
Dorota Arciszewska-Mielewczyk hält den Rückzug Steinbachs für einen "Pyrrhussieg" der polnischen Regierung. Als Reaktion auf die revisionistische "Preußische Treuhand" in Deutschland gründete sie die nicht minder radikale "Polnische Treuhand" in Gdansk/Danzig. "Das Grundproblem ist das Museum selbst. Sein Ziel ist die Geschichtsfälschung", erklärte sie im polnischen Privatsender TVN24. Doch der Vorsitzende der deutsch-polnischen Parlamentariergruppe winkt ab: "Das ist die Stimme von ein paar Radikalen, die man nicht weiter ernst nehmen sollte. Solche gibt es in Polen wie in Deutschland."
4 Mar 2009
AUTOREN
ARTIKEL ZUM THEMA
Das Alleinvertretungsrecht des Bundes der Vertriebenen (BdV) im Stiftungsrat ist ein grundlegender Fehler. Auch außerhalb des BdV gibt es viele, ehemals Vertriebene.
Unter dem Druck der SPD und der polnischen Öffentlichkeit zieht der Vertriebenen-Verband seine Nominierung Erika Steinbachs für den Stiftungsrat des Zentrums gegen Vertreibungen zurück.
Der Stiftungsrat des Zentrums gegen Vertreibung wird künftig ohne Erika Steinbach arbeiten: Der Bund der Vertriebenen will seine umstrittene Präsidentin nicht für das Gremium nominieren.
Der Streit mit Polen über den Rat des Vertriebenen-Zentrums verschärft sich: Vor einem Treffen mit Kanzlerin Merkel sprach sich Premier Tusk für den Rückzug der CDU-Politikerin Steinbach aus dem Rat aus.