taz.de -- Kommentar zur kostenlosen Anti-Baby-Pille: Fürsorge nach Kassenlage

Natürlich sorgen sich die drei Schweriner Landtagsfraktionen, die da mit dem Ruf nach der kostenlosen Pille für Hartz-IV-Empfängerinnen lospreschen, um das Wohlergehen der Betroffenen.
Bild: Das Allround-Talent im Jahr 2009 an der Jacobs Universität in Bremen.

Natürlich sorgen sich die drei Schweriner Landtagsfraktionen, die da mit dem Ruf nach der kostenlosen Pille für Hartz-IV-Empfängerinnen lospreschen, um das Wohlergehen der Betroffenen. So weit die Medizin mittlerweile auch fortgeschritten sein mag: Ein Schwangerschaftsabbruch bleibt doch immer noch ein schwerer Eingriff in Körper und Psyche einer Frau. Die Gründe für den Vorstoß sind aber wohl weniger mildtätiger Art - als vielmehr schlicht ökonomisch motitviert.

Warum sonst sollten sich die Liberalen schon seit über zwei Jahren so ins Zeug legen, um die hohe Zahl der Abtreibungen vor allem unter den sozial Schwachen zu verhindern? Schließlich kostet jeder Abbruch die Landeskasse 400 Euro. Die jährlichen Kosten gehen also in die Millionen. Für einen schwachen Landeshaushalt wie den von Mecklenburg-Vorpommern ist das sehr viel Geld.

Wenn die Fürsorge aber einer monetären Sorge weicht, wird das Frauenbild der drei noblen Spender nur allzu deutlich: Hartz-IV-Klientinnen, so ließe es sich böswillig übersetzen, sind zu doof zum Verhüten. Um die Kosten zu senken, verteilt man also lieber Pillen.

Diese fixe Idee muss die Abgeordneten derartig begeistert haben, dass sie sogar Statistiken ignorierten, denen zufolge immer seltener abgetrieben wird. Zu doof aber auch.

8 May 2009

AUTOREN

Uta Gensichen

TAGS

Schriftsteller

ARTIKEL ZUM THEMA

Erfinder der Anti-Baby-Pille verstorben: Tod des „intellektuellen Schmugglers“

Carl Djerassi verstarb im Alter von 91 Jahren an einem Krebsleiden. Der Chemiker hatte sich auch als Schriftsteller, Bühnenautor und Kunstmäzen einen Namen gemacht.

Verhütung: Zu arm für die Pille

Weil angeblich immer mehr bedürftige Frauen abtreiben, fordern Regierung und FDP in Mecklenburg-Vorpommern die Gratis-Pille. Scheinheilig, findet die Linke.