taz.de -- Kommentar Doping: Staatssport am Scheideweg
Claudia Pechstein ist Beamtin auf Lebenszeit und Eisschnellläuferin. Die Sportart wird mit üppigen Staatsgeldern finanziert. Ihr Dopingfall ist ein Desaster für das fragwürdige System.
Sie haben Angst. Ausgerechnet Claudia Pechstein, die beste deutsche Wintersportlerin, die fünffache Olympiasiegerin im Eisschnelllauf ist wegen Doping gesperrt worden. Sollte ihre Sperre vor dem Internationalen Sportgerichtshof bestätigt werden, es wäre ein Desaster für das System staatlicher Sportförderung in Deutschland.
Diesmal geht es nicht um einen Radler, der im Kampf und Anerkennung und Geld in einem von der Wirtschaft mit immensen Mitteln gepäppelten Profisport mitmischen will und darüber zum Dopingsüchtigen wird. Es geht um eine der prominentesten Vertreterinnen des deutschen Staatssports.
Claudia Pechstein ist als Polizeihauptmeisterin der Bundespolizei Beamtin auf Lebenszeit. Die Eisschnellläuferin ist Protagonistin einer hoch subventionierten Sportart. Ruhm und Ehre soll dem Lande das finanzielle Engagement des Staates für den Sport bringen. 2006 hat Claudia Pechstein die deutsche Fahne bei der Schlussfeier der Olympischen Spiele von Turin getragen. Sie marschierte als Werbeträgerin für die deutsche Nation ins Olympiastadion.
Kein Wunder, dass sich der Deutsche Olympische Sportbund überaus zurückhaltend im Fall Pechstein äußert. Thomas Bach, sein Präsident, führt die Unschuldsvermutung ins Feld. Pechstein verbreitet auf ihrer Homepage, dass ihr Dienstherr hinter ihr stehe. Es findet sich kaum ein Funktionär oder Politiker, der den indirekten Beweis für Dopingpraktiken als Meilenstein im Kampf gegen Manipulationen preisen würde. Die Reihen schließen sich hinter Pechstein.
Dabei wäre es jetzt an der Zeit, endlich über einen Ausstieg des Staates aus der nationalen Spitzensportförderung, der sich nach einem Dopingfall Pechstein leicht begründen ließe, nachzudenken. Noch gelingt es den medaillengeilen Sportföderern und Nutznießern jede Diskussion darüber im Keim zu ersticken. Schade.
6 Jul 2009
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