taz.de -- Kommentar Frauenquote: Die Nabelschau der Frauenministerin

Mit ihrem Kommentar zur Frauenquote bewirbt sich Frauenministerin Kristina Schröder erfolgreich um den Titel der Ignorantin des Jahres.

Wer hätte das gedacht? Die Wirtschaft überholt in Sachen Frauenförderung die Politik. Die Telekom führt als das erste DAX-30-Unternehmen eine Geschlechterquote im Management ein. Die CDU-Frauenministerin Kristina Schröder hat dazu nur ein blauäugiges "Geht doch auch so" beizutragen.

Sie bewirbt sich damit erfolgreich um den Titel der Ignorantin des Jahres. Hatte SPD-Kanzler Gerhard Schröder dem qualifizierten weiblichen Nachwuchs noch die Tür vor der Nase zugeschlagen, weil die Wirtschaft ihn dazu drängte, so hat sich der Wind nämlich inzwischen gedreht: Erste Unternehmen und Staaten haben verstanden, dass das veraltete Frauenbild ihnen ökonomisch im Weg steht.

Bisher werden gute Frauen mehrheitlich ausgesperrt. Nicht nur, weil aktive Elternschaft und Karriere sich ausschließen. Studien zeigen auch, dass massive Vorurteile die gläserne Decke sichern: Frauen werden unterschätzt. Sie werden übersehen, weil sie außerhalb männlicher Seilschaften agieren. Die männliche Inzucht aber macht Firmen schlechter. Sie sind nachweislich weniger innovativ und sie machen weniger Umsatz, als möglich wäre.

Mit diesem Wissen allein lässt sich die eigene Denkweise nicht verändern. Man braucht eine Art mentales Stoppschild: Halt. Wie denkst du gerade? In Klischees? Gibt es Alternativen? Eine Quote kann ein solches Stoppschild sein. Denn sie macht die Suche nach Alternativen zwingend. Die Telekom hat das verstanden. Hans-Olaf Henkel hat es auch verstanden. Norwegen, Frankreich, die Niederlande, Spanien haben verstanden.

Und unsere Frauenministerin? Steht da in der Blüte ihrer 32 Lenze und findet, bei ihr und ihren Freundinnen sei es doch auch so gegangen. Das ist eine verständliche Position für irgend eine 32-Jährige, die in ihrem Leben viel Glück hatte und auch gut vorangekommen ist. Aber Kristina Schröder ist Bundesfrauenministerin. Ihre günstige Karriereentwicklung in allen Ehren: Nimmt sie Studien zur Kenntnis? Politische und wirtschaftliche Entwicklungen? Internationale Erfahrungen? Oder auch die Willensbildung in ihrer eigenen Partei? Die CDU-Frauen-Union nämlich plädiert für eine Quote für Aufsichtsräte.

Der Zug fährt ab, in Europa und in einzelnen fortschrittlichen Unternehmen. Der Rest der deutschen Wirtschaft bleibt zurück. Und die Frauenministerin sitzt in ihrer Dienstlimousine und sagt: Fährt doch!

15 Mar 2010

AUTOREN

Heide Oestreich

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