taz.de -- Reaktionen zu EU-Netzsperren: Alle dagegen, bis auf die CDU
Die deutsche Politik reagiert gespalten auf EU-Kommissarin Malmströms Vorstoß: Bosbach (CDU) ist dafür, die FDP-Justizministerin will Löschen statt Sperren. SPD und Grüne auch.
FRANKFURT/MAIN apn | Im Kampf gegen Kinderpornografie will Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger die anderen EU-Staaten zur weitergehenden Schritten als der Sperrung entsprechender Internetseiten überzeugen. "Ich erwarte in den anstehenden Beratungen eine breit gefächerte Debatte, in der ich den Grundsatz ,Löschen statt Sperren' vertreten und für eine möglichst breite Unterstützung im Rat und im Europäischen Parlament werben werde", sagte die FDP-Politikerin dem Hamburger Abendblatt.
Leutheusser-Schnarrenberger erklärte weitere: "Die Bundesregierung lehnt Internetsperren ab. Sie stellen kein wirksames Mittel im Kampf gegen Kinderpornografie dar, führen aber gleichzeitig zu einem großen Vertrauensschaden bei den Internetnutzern." Die FDP-Politikerin betonte, sie habe gegenüber EU-Kommissarin Cecilia Malmström vor kurzem bereits deutlich gemacht, dass man sich innerhalb der Bundesregierung auf den Grundsatz "Löschen statt Sperren" verständigt habe.
Die Ministerin sagte auch, dass die angekündigten Überlegungen auf europäischer Ebene "nicht überraschend" gewesen seien, sondern bereits vor Inkrafttreten des Lissabon-Vertrags Gegenstand eines Rahmenbeschlussentwurfs.
Ähnlich äußerten sich Politiker von Grünen und SPD. So sagte Konstantin von Notz, netzpolitischer Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, demselben Blatt: "Ich sehe nicht, dass wir einen Schritt weiter wären, wenn wir im Internet Stoppschilder aufgehängt hätten." Er betonte: "Die Stoppschilder zu umgehen, ist kinderleicht. Wir brauchen überhaupt kein neues Gesetz, denn das Löschen von strafrechtlich relevanten Seiten ist rechtlich längst möglich."
Der stellvertretende SPD-Vorsitzende Olaf Scholz sagte der Frankfurter Rundschau: "Internetsperren sind technisch wirkungsfrei und funktionieren nicht." Das habe sich bereits in Deutschland gezeigt. Deshalb sei er "überzeugt, dass sich die Erkenntnis auch auf EU-Ebene durchsetzen wird".
Der CDU-Politiker Wolfgang Bosbach, der auch Vorsitzender des Innenausschusses des Bundestages ist, begrüßte dagegen den Vorschlag der EU-Kommissarin: "Damit wird ein einheitlicher Standard geschaffen, um gegen das grenzüberschreitende Problem vorzugehen", sagte er dem Blatt. Die Sperren könnten Nutzer warnen, "dass sie sich beim nächsten Klick strafbar machen". Dass der Zensur dadurch Tür und Tor geöffnet werden, befürchtet Bosbach nicht: "Was offline verboten ist, muss auch online untersagt sein."
30 Mar 2010
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