taz.de -- Die Clubmate-Nicht-Abmahnung: Keiner will's gewesen sein

Die Brauerei Loscher, die die unter Hackern und Nachtschwärmern beliebte Brause "Club-Mate" vertreibt, versuchte, Druck auf Blogger zu machen. Jetzt ruderte Loscher zurück.
Bild: Club-Molli: Satirisch verfremdetes Clubmate-Logo.

Dass die gute Club-Mate auch mal "auf der dunklen Seite der Macht" stehen würde – das konnte sich wohl kaum ein Fan der aufputschenden Mate-Brause, die vor allem bei Hackern und Nachtschwärmern beliebt ist, vorstellen. Jetzt aber ist es geschehen: Die Herstellerfirma, die in Mittelfranken ansässige Brauerei Loscher, versuchte sich offensichtlich darin, unangenehme Inhalte aus dem Netz herauszubekommen. Und zwar mithilfe des Markenrechts.

"Club-Molli – Leicht zu bauender Brandsatz für den Widerstand auf der Straße." Ein Plakat mit einem abgewandelten Club-Mate-Logo, vor allem in Rostock geklebt, preist den Molotow-Cocktail als "ein bei Straßenschlachten und Aufständen" beliebtes Utensil. Durch "die hochwertige Mischung aus brennbaren Stoffen" verwandle "Club-Molli" "auch deine Straßenschlacht" in ein "unvergessliches Erlebnis". Das Plakat, das mit einem Antifa-Logo verziert ist, fordert auch: "Bullen und Nazis bekämpfen".

Das Plakat fällt auf, wird fotografiert – und natürlich tauchten auch Fotos im Netz auf. Auch in dem vom linken Betreiber Blogsport gehosteten Blog "[1][parallaxe - in defense of lost causes]". Daraufhin bekam Blogsport Post. Loscher schickte Blogsport über die in Nürnberg ansässige Kanzlei Helm, Schmidt und Partner ein anwaltliches Schreiben.

Die Brauerei hat das Plakat offenbar als "Aufruf zur Gewalt" interpretiert. In einer am heutigen Montag veröffentlichten [2][Stellungnahme] schreibt Loscher "Wir wollten den Hersteller des Plakates dazu auffordern, dies zukünftig zu unterlassen, da wir absolut gegen jedwede Gewalt sind."

"Das ist doch kein Aufruf zur Gewalt", urteilt Thomas Stadler, Rechtsanwalt und [3][Blogger]. Allerhöchstens könne man das Plakat als "Verunglimpfung des Unternehmens" werten, aber eigentlich noch nicht mal das. "Da wird das Clubmate-Logo ironisch-satirisch verbraten". Zudem müsse man zwei Dinge trennen, so Stadler: "Das Plakat und das Foto vom Plakat". Ein Foto des Plakats, das in ein Blog gestellt wird, sei Berichterstattung. Da könne man, so wie es die Firma Loscher gemacht habe, mit dem Markenrecht gar nicht kommen."

"Ja, Loscher hat uns anwaltlich aufgefordert, das Bild zu entfernen", erzählt Stefan Strigler von Blogsport. Eine Unterlassungserklärung habe man nicht erhalten. Loscher wollte die Namen der Blogger, die das Foto veröffentlicht hatten, preisgegeben haben. Das funktionierte nicht, denn, so Strieger, denn: "Die Namen haben wir nicht". Das Foto wurde danach durch die Blogger selbst entfernt.

Selbst, wenn man die Urheber des Plakats aus der Anonymität holen könne, wäre für die Brauerei noch nicht viel gewonnen, sagt Thomas Stadler, denn: Damit überhaupt eine Markenrechtsverletzung vorliege, müsse das Plakat im "geschäftlichen Verkehr" eingesetzt worden sein. "Das ist bei diesem Plakat sehr fraglich", so Stadler trocken.

In der [4][heute veröffentlichten Erklärung] rudert Loscher zurück und schiebt die Schuld der Anwaltskanzlei zu. Man befürchtet wohl einen Image-Schaden. Die Sorge ist nicht unberechtigt: Immerhin ist die Clubmate-Zielgruppe eine genuin abmahnkritische. Es handele sich um ein "Missverständnis", so die Brauerei. Man habe die Kanzlei lediglich beauftragt, herauszufinden, von wem dieses Plakat stammt. "Eine Abmahnung an den Betreiber wurde von uns nicht autorisiert", schreibt Loscher in der Stellungnahme.

Das liest sich so, als würde die Brauerei behaupten, die Anwaltskanzlei wäre von sich aus als Abmahnerin gegen das Blog tätig geworden. Doch der zuständige Anwalt meldete sich auch auf mehrfache taz.de-Nachfrage nicht zurück. Es bleibt die Frage, wer da was für ein Schreiben mit einem Verweis auf das Markenrecht verschickt oder beauftragt hat.

Auch Marcus Loscher war für weitere Stellungnahmen als nur den schriftlichen bislang nicht zu erreichen. "Er ist im Haus unterwegs", so die Telefonzentrale. Im Netz unterwegs ist man bei Loscher auf jeden Fall nicht. Da, bei Twitter, witzeln sie schon, zu finden via Hashtag [5][#clubmate]. Zum Beispiel in Anlehnung an den vom Twitterer [6][@343max] geprägten Slogan "Ihr werdet euch noch wünschen, wir wären politikverdrossen": "Ihr werdet euch noch wünschen, wir würden Coca Cola trinken".

10 May 2010

LINKS

[1] http://parallaxe.blogsport.eu/2010/03/30/politisches-plakat-club-mate-remix/
[2] http://www.clubmate.de/cws/startseite/missverstaendnis-blogsport.103.html
[3] http://www.internet-law.de/
[4] http://www.clubmate.de/cws/startseite/missverstaendnis-blogsport.103.html
[5] http://twitter.com/#search?q=%23clubmate
[6] http://twitter.com/343max

AUTOREN

Julia Seeliger

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