taz.de -- Ölpest im Golf von Mexiko: BP kämpft um seinen Ruf

Die bisherigen Kosten für Ölpest steigen auf 1,6 Milliarden Dollar. BP berät Aussetzung der geplanten Dividende - und gibt viel Geld für Werbung aus. Konkurrenten erheben Vorwürfe.
Bild: Öffentlicher Protest gegen BP: Demonstrantin in Manhattan.

BERLIN/LONDON dpa/afp/taz | Die Ölpest im Golf von Mexiko wird für den Energieriesen BP immer teurer. Mittlerweile hat die Katastrophe den britischen Konzern 1,6 Milliarden Dollar (1,3 Milliarden Euro) gekostet. Seit der Explosion der Bohrinsel vor zwei Monaten sind bei dem Konzern mehr als 51.000 Schadenersatzforderungen eingegangen; rund 25.500 seien bereits beglichen worden, teilte BP am Montag mit.

Dennoch besteht weiter die Möglichkeit, dass der Ölkonzern an seine Aktionäre in diesem Jahr wie geplant eine Dividende von über 10 Milliarden Dollar ausschütten wird. Unter massivem politischem Druck hatte BP angekündigt, am Montag im Vorstand über eine Aussetzung der Dividende für das zweite Quartal zu beraten. Eine Option war, dass das Geld in einen Treuhandfonds zur Bekämpfung der Ölschäden einfließt. Ein BP-Sprecher sagte am Montag allerdings, dass an dem Tag vermutlich keine Entscheidung verkündet werde. Die Vorstandssitzung dauerte bei Redaktionsschluss noch an.

Für einen Treuhandfonds hat sich Presseberichten zufolge US-Präsident Barack Obama eingesetzt. Dieser Fonds solle nicht von BP, sondern von einer unabhängigen Stelle verwaltet werden, berichtete die Financial Times. Obama wird am Mittwoch mit dem BP-Aufsichtsratsvorsitzenden Carl-Henric Svanberg und vermutlich auch mit BP-Chef Tony Hayward zusammentreffen. Die BP-Aktie verlor am Montag zeitweise rund 6 Prozent.

Bereits am Montag präsentierte das Unternehmen dem Weißen Haus einen neuen Plan, wie die Ölkatastrophe unter Kontrolle gebracht werden soll. Bis Ende Juli will das Unternehmen demnach täglich mehr als 50.000 Barrel (8 Millionen Liter) Öl aus dem lecken Bohrloch im Golf von Mexiko abpumpen, sagte ein Vertreter der US-Regierung. Dafür will BP ein Schiff aus Südamerika, zwei weitere Tanker aus Europa und ein flexibles Ansaugrohr zur gesunkenen Bohrinsel bringen, um mehr Öl abpumpen zu können.

Angesichts neuer, alarmierender Schätzungen zum tatsächlichen Ausmaß der Ölpest hatte die US-Küstenwache den britischen Konzern zuvor zu verstärkten Anstrengungen aufgefordert. Nach neuen Schätzungen fließen täglich mindestens 40.000 Barrel Öl (6,4 Millionen Liter) aus dem lecken Bohrloch in mehr als 1.500 Meter Tiefe ins Meer - und damit doppelt so viel wie bisher angenommen. Bislang fing der Konzern nach eigenen Angaben täglich 28.000 Barrel auf. Ein Entlastungsbohrloch als dauerhafte Lösung wird erst im August fertig sein.

Parallel dazu kämpft BP auch an anderer Stelle weiterhin mit viel Geld um seinen Ruf: Allein für Fernsehspots und Zeitungswerbung in den USA soll das Unternehmen nach Medienberichten 100 Millionen Euro ausgeben haben. Zudem kaufte der Konzern bei allen großen Internetsuchmaschinen viele Begriffe rund um das Thema Ölkatastrophe. Wer einen dieser Begriffe bei Google, Bing oder Yahoo eingibt, erhält als obersten Treffer eine Anzeige von BP. Werbefachleute schätzen, dass BP allein dafür 10.000 Dollar am Tag zahlt.

Unterdessen gehen die anderen Ölkonzerne auf Distanz zu ihrem Konkurrenten BP. Nach Ansicht von Chevron-Chef John Watson war die Katastrophe im Golf von Mexiko "vermeidbar". Vor einer Anhörung der großen Ölkonzerne im US-Kongress sagte Watson dem Wall Street Journal vom Montag, "dieser Vorfall hätte vermieden werden können". Auch Vertreter von Exxon, Shell und Conoco-Phillips wollen demnach vor dem Ausschuss argumentieren, dass bei Einhaltung "bester Branchenstandards" solche Unfälle nicht passieren könnten. Damit wollen die Konzerne erreichen, dass die USA und andere Länder die Vorschriften für künftige Tiefseebohrungen nicht verschärfen.

Die BP-Bohrinsel "Deepwater Horizon" war am 20. April im Golf von Mexiko explodiert und zwei Tage später versunken. Seitdem fließen große Mengen Öl ins Meer, zahlreiche Küsten der angrenzenden Bundesstaaten sind bereits verschmutzt. Es ist die größte Ölkatastrophe in der Geschichte der USA.

15 Jun 2010

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