taz.de -- Ausblick auf Energie der Zukunft: Bild der Zukunft in Öl gemalt

In ihrem "World Energy Outlook" sagt die Internationale Energie Agentur steigende Fördermengen bei Öl und Gas voraus. Sonne und Wind spielen kaum eine Rolle.
Bild: Hört das denn nie auf? Erdölförderung im Irak.

FREIBURG taz | Der weltweite Ölverbrauch wird bis 2035 kontinuierlich steigen. Dieses Szenario präsentierte gestern in London die Internationale Energie Agentur (IEA) im Rahmen ihres "World Energy Outlook". Die globale Erdölförderung werde ihren Peak in den nächsten 25 Jahren noch nicht erreichen, heißt es in dem Papier der Organisation, die der OECD angegliedert ist.

Der alljährliche Blick der IEA in die Glaskugel ist mehr politisch als wissenschaftlich motiviert und wird daher von Energieexperten regelmäßig als unrealistisch kritisiert. Die Energy Watch Group zum Beispiel, eine Denkfabrik, die von der Ludwig-Bölkow-Stiftung getragen wird, hatte bereits 2008 festgestellt: "Peak Oil ist jetzt." Die weltweite Ölförderung habe "mit großer Wahrscheinlichkeit das Fördermaximum bereits überschritten".

Die Energieagentur will in ihrem Weltenergieausblick von solchen Einwänden traditionell nichts wissen. So soll nach dem jüngsten Szenario die weltweite Ölförderung von derzeit 84 Millionen Barrel pro Tag auf 99 Millionen Barrel im Jahr 2035 steigen. Wo die nötigen Ölfelder liegen sollen, ist jedoch nicht Thema der Studie. Lakonisch merken die Autoren lediglich an, man müsse fast 50 Millionen Barrel pro Tag an neuen Förderkapazitäten schaffen, um die zurückgehenden Mengen der existierenden Ölfelder zu kompensieren.

In der Vorstellungswelt der IEA wird das offenbar gelingen, denn Verknappung ist auch bei den Preisszenarien kein Thema. So wird der Ölpreis nach den Prognosen der Agentur nur moderat steigen auf inflationsbereinigte 113 Dollar pro Barrel im Jahr 2035. Aktuell liegt der Ölpreis bei 88 Dollar, er hatte 2008 bereits kurzzeitig einen Wert von 147 Dollar erreicht.

Ein zunehmender Anteil des Ölverbrauchs soll künftig aus "unkonventionellem Öl" gedeckt werden, damit sind zum Beispiel Ölsande oder die Kohleverflüssigung gemeint. In 25 Jahren, so schätzt die IEA, werden aus solchen Quellen eine Menge von 9,5 Millionen Barrel Öl pro Tag verfügbar sein. Aus Sicht des Klimaschutzes ist dieses Öl allerdings noch schädlicher als das heute geförderte Rohöl: Kanadische Ölsande erzeugten durch den Energieeinsatz bei der Verarbeitung noch 5 bis 15 Prozent höhere CO2-Emissionen als die Nutzung von Erdöl, rechnet die IEA vor.

Immer wichtiger wird auch das Erdgas. Nach Einschätzung der IEA steigt der weltweite Verbrauch in den kommenden 25 Jahren um 44 Prozent. Besonders sei mit einem deutlichen Anstieg des Einsatzes von verflüssigtem Erdgas, sogenanntem LNG (Liquefied Natural Gas) zu rechnen. Dieses muss nicht mehr per Pipeline transportiert werden, sondern kann per Tanker verschifft werden.

Wenig traut die IEA traditionell den erneuerbaren Energien zu. Von weltweit derzeit 19 Prozent werde ihr Anteil an der weltweiten Stromerzeugung im nächsten Vierteljahrhundert nur auf gut 30 Prozent steigen. Die Fotovoltaik werde weltweit im Jahr 2035 gerade 2 Prozent des Strombedarfs decken - das ist jener Wert, den Deutschland im Jahr 2010 etwa erreicht. Der Einsatz von Kohle am globalen Strommix werde von 41 auf 32 Prozent zurückgehen, der Anteil des Atomstroms marginal zunehmen. Im Verkehrssektor, wo Agrosprit heute 3 Prozent des Treibstoffs ausmacht, sollen es künftig 8 Prozent sein. Und zur Wärmeversorgung werden die Erneuerbaren in 25 Jahren nach Einschätzung der IEA gerade 16 Prozent beitragen, heute sind es weltweit 10 Prozent.

So liest sich der "World Energy Outlook" über weite Strecken wie ein ökologisches Horrorszenario. Nur an wenigen Stellen findet man Ausnahmen - etwa dort, wo die IEA darauf verweist, dass die "Beseitigung der Subventionen für fossile Energie die Sicherheit der Energieversorgung verbessern, die Emissionen von Treibhausgasen und Luftverschmutzung verringern und wirtschaftliche Vorteile bringen" würde.

9 Nov 2010

AUTOREN

Bernward Janzing

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