taz.de -- Video der Woche: Nackt unter Tausenden
Körperscanner-Bilder, die an Sicherheitsschleusen aufgenommen werden, sind umstritten. Wie einfach man an sie herankommt, zeigt das neue Video eines US-Blogs.
Nein. Das ist keine gesellschaftskritische Installation von Videokünstler Nam June Paik. Kein künstlerischer Kommentar zur totalen Transparenz oder zum gläsernen Menschen. Es ist eines von hundert Körperscannerbildern, die in Orlando, Florida die Sicherheitsschleusen zu einem Gerichtsgebäude passiert haben.
Diese Bilder dürfte es eigentlich gar nicht geben. Die US-Transportsicherheitsbehörde TSA hatte ursprünglich versprochen, dass diese Bilder von Sicherheitsscans nicht gespeichert werden. Wurden sie aber doch: 35.000 allein in Orlando. Vermutlich illegalerweise. Das wurde schon im August publik.
Jetzt aber veröffentlichte auch noch das US-Gadgetblog [1][gizmodo.com] hundert dieser Körperscanbilder in einem Video. Um zu zeigen, wie sicher diese Durchleuchtungsbilder bei den Behörden sind? Nein. Denn laut gizmodo.com genügte eine Anfrage unter Berufung auf den Freedom of Information Act, um die Herausgabe der Bilder zu erwirken.
Man sei sich darüber bewusst, dass die Veröffentlichung der Fotos kontrovers sei, hieß es bei gizmodo.com. Und fügt hinzu: "Dass man diese Fotos heute sehen kann, garantiert schon fast, dass wir in Zukunft ähnliche Bilder sehen werden. Wenn Sie Glück haben, könnte es sogar ein Foto von ihnen oder ihrer Familie sein."
Denn Körperscanner wie der in Orlando kommen auch an US-Flughäfen zum Einsatz – und scannen alle Reisenden. Eine Praxis, die in den USA derzeit heiß diskutiert wird. Bilder von Urlaubsreisenden. Im Netz. Nackter als nackt. In den USA, wo man mit unbekleideten Körpern traditionellerweise nicht sonderlich entspannt ist, schlug die Veröffentlichung des gizmodo-Videos vor zwei Tagen hohe Wellen.
Und das, obwohl man im Grunde gar nicht so wahnsinnig viel Nacktheit erkennen kann. Eher ultraschallartige Menschenbeulen vor schwarzem Hintergrund. Bei denen irgendwelche tatsächlichen oder möglicherweise verdächtigen Körperregionen mit einem blauen Kästchen umrahmt sind. Es ist natürlich trotzdem gruselig, wenn dererlei Überwachungsdaten tausendfach gespeichert werden. Und zwar anders als auf den Gizmodo-Bildern zu sehen nicht verpixelt, sondern mit identifizierbaren Gesichtern.
Beunruhigend – gerade für die Prüderen unter den US-Bürgern – dürfte wohl auch die Tatsache sein, dass diese Bilder über den Freedom of Information Act aus den Aktenschränken der Behörden herausgeklagt werden können. Denn das Gesetz gesteht US-Bürgern das Recht zu, alle von öffentlichen Einrichtungen gesammelten Daten einzusehen.
Vielleicht hilft das Video dabei, den Sinn, die Sicherheit und Datenschutzfragen bei Körperscannern noch einmal kritisch zu hinterfragen. Mit nackten Tatsachen. Oder zumindest etwas Ähnlichem.
19 Nov 2010
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