taz.de -- Kommentar Attentat in Arizona: Worte können töten
Nach den Schüssen von Arizona ist Politikern aller Couleur klar, dass die jüngste Hassrhetorik den Boden dafür bereitet hat. Politisch profitieren könnten die moderaten Republikaner.
Amerika ist entsetzt und hält erst mal inne. Das Attentat von Tucson wirft ein Schlaglicht darauf, wie sehr blanker Hass mittlerweile den Ton in den USA angibt. Diesen gab es übrigens schon vor dem Aufstieg der Tea Party. In dem Moment, in dem zum ersten Mal ein schwarzer Präsident ins Weiße Haus einzog, begann die Rechte damit, ihn mit Hitler zu vergleichen, ihn als Sozialisten und als Antichristen zu beschimpfen. Ausgerechnet den Mann, der versucht, die Lager zu versöhnen und der Opposition die Hand reicht, verleumdet sie ohne Rücksicht auf Verluste.
"Der Krieg hat gerade erst begonnen". Mit diesen Worten rief der erzkonservative TV-Moderator Glenn Beck an der Spitze der Tea-Party-Bewegung zur Hatz auf Demokraten auf. Und ihre Galionsfigur Sarah Palin setzte im Zuge der Diskussionen um die Gesundheitsreform den Ausdruck von Obamas "Todespanels" in die Welt und veröffentlichte im Netz eine "Todesliste" für politische Ziele. Das alles hat nun zu den ersten realen Morden wenn nicht geführt, dann zumindest beigetragen.
Politikern sämtlicher Couleur ist klar, dass die Hassrhetorik den Boden für das Attentat bereitet hat. Sonst würden sich nicht so viele auf die Zunge beißen. Zudem steht auch fest: Die Schüsse von Tucson werden auch Wunden im Lager der Konservativen hinterlassen.
Die Morde schmälern nämlich Palins Chancen, sich als Präsidentschaftskandidatin durchzusetzen. Die moderaten Republikaner werden hingegen politisch profitieren. Und genau die braucht Obama, um das Land, das in einer tiefen wirtschaftlichen wie ideologischen Krise steckt und sich Reformen konsequent verweigert, vor den extrem aggressiven Antidemokraten zu schützen.
9 Jan 2011
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