taz.de -- Hamburger Wahlkampf: Kontroverse Personalie

Geht es nach dem SPD-Bürgermeister in spe, wird der Handelskammer-Präses Frank Horch neuer Wirtschaftssenator. Der will die Elbe ausbaggern und aus Kohle und Atom Strom machen.
Bild: "Zu 95 Prozent einer Meinung": SPD-Spitzenkandidat Olaf Scholz (rechts) präsentiert den möglichen künftigen Wirtschaftssenator Frank Horch.

HAMBURG taz | Hamburgs oberster Wirtschaftsboss soll in einer rot-grünen Regierung Wirtschaftssenator werden. Den Präses der Handelskammer, Frank Horch, präsentierte der Bürgermeisterkandidat der SPD, Olaf Scholz, am Donnerstag als seinen Wunschkandidaten für dieses Amt: "Er ist die optimale Besetzung." Als Provokation des Wunsch-Koalitionspartners Grün-Alternative Liste (GAL) will Scholz die Nominierung nicht verstanden wissen: "Das wird schon gehen."

Hamburgs Grüne indes wurde kalt erwischt: Im August noch hatten sie Horch als Wirtschaftssenator des inzwischen geplatzten schwarz-grünen Bündnisses verhindert. Jetzt wird ihnen der parteilose Kammerpräses erneut präsentiert - und Scholz stellt klar, dass er darüber nicht debattieren will: "Herr Horch ist der beste für diese Position. Ich stehe zu meiner Personalentscheidung."

Äußerst schmallippig reagierte deshalb die grüne Spitzenkandidatin Anja Hajduk. Die Personalie Horch mache deutlich, "wie wichtig starke Grüne für eine moderne Energiepolitik und die zukunftsgerechte Gestaltung der Stadt" seien, sagte sie: "Während die SPD vor allem auf den Hafen setzt, geht es uns darum, in Hamburg neue Stärken zu entwickeln, zum Beispiel die Kreativwirtschaft."

Der 62-jährige Horch gilt als Kenner der maritimen Wirtschaft. Seit Mai 2008 war der Geschäftsführer der Werft Blohm + Voss ehrenamtlich Präses der Handelskammer. Dieses Amt hat er am Mittwochabend niedergelegt: Mit dem angestrebten politischen Amt sei es "logischerweise unvereinbar", so Horch. Bis zur Neuwahl im Mai wird sein Horchs Vorgänger, der Chef der Hamburger Sparkasse Karl-Joachim Dreyer, kommissarisch als Präses amtieren.

Als Wirtschaftssenator will der studierte Schiffsbauingenieur vor allem die Entwicklung des Hafens vorantreiben und sich für die Elbvertiefung einsetzen. Die Stadt stehe vor der Frage, ob sie ein internationaler Hafen von Weltrang bleiben wolle - oder den Abstieg zum Regionalhafen in Kauf nehmen. "Wirtschaft ist der Quell des Ganzen", sagte Horch. Hamburg dürfe nicht "den Schlaf der Schönen fortsetzen".

Eine wahrscheinliches Konfliktfeld für Horch und die eventuellen rot-grünen Regierungsparteien ist die künftige Energiepolitik: "Von entscheidender Bedeutung für die Wirtschaft sind wettbewerbsfähige Energiepreise", sagte Horch. Deshalb sei "ein Energiemix" unter Einschluss der "Brückentechnologien Kohle und Atom" so lange unverzichtbar, bis die erneuerbaren Energien die Nachfrage bedienen könnten. Da mögen "gewisse Differenzen zum Parteiprogramm der SPD bestehen", räumte Horch ein - und zu den energiepolitischen Vorstellungen der Grünen ohnehin.

"Wir haben in dieser Frage keinen Konsens", bestätigte auch Scholz. Weil aber das Kohlekraftwerk Moorburg bereits im Bau sei und die Laufzeit von Atomkraftwerken keine Frage der Hamburger Senatspolitik, "wird es keine Probleme geben", glaubt der Bürgermeister in spe: "In den Kernfragen der Wirtschaftspolitik sind Herr Horch und ich zu 95 Prozent einer Meinung."

Zustimmung zu der Personalentscheidung kommt aus den Hamburger Gewerkschaften. Mit Horch "kann man Staat machen", befindet Hamburgs DGB-Chef Uwe Grund. Von einer "respektablen Entscheidung" sprach der Chef der Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di, Wolfgang Rose: "Frank Horch ist dialogfähig. Wir erwarten eine Politik der Sozialpartnerschaft." Indes sitzen Grund und Rose als SPD-Abgeordnete in der Hamburger Bürgerschaft.

Auch Josef Katzer, als Präsident der Hamburger Handwerkskammer der zweite wichtige Wirtschaftsführer in der Hansestadt, begrüßte die Nominierung Horchs: "Wir beglückwünschen Olaf Scholz, einen so kompetenten Partner für das Amt des Wirtschaftssenators gefunden zu haben."

Missgelaunt zeigte sich einzig Hamburgs der CDU-Parteivorsitzende Frank Schira. Er nannte die Personalie Horch "sehr befremdlich".

13 Jan 2011

AUTOREN

Sven-Michael Veit

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