taz.de -- Nach Explosion in japanischem AKW: Greenpeace geht von Super-GAU aus

Trotz keiner eindeutigen Erklärungen der japanischen Regierung zu einer Kernschmelze im Akw Fukushima 1, geht Greenpeace weiter von einem Super-GAU aus.
Bild: Fernsehaufnahmen kurz nach der Explosion im AKW Fukushima 1.

Ein Team aus Notfall- und Strahlenmedizinern wurde zum Reaktor Fukushima-Daiichi 1 geschickt. Sie sollen ihre Arbeit in einem "Nuclear Desaster Response Center aufnehmen, etwa fünf Kilometer vom Kraftwerk entfernt. Nach einer Explosion dort ist weiterhin unklar, wie viel Strahlung ausgetreten ist und wie hoch die Rettungsmannschaften belastet werden.

Die Behörde für Nuklear- und Industriesicherheit hat laut dem staatlichen Fernsehsender NHK erklärt, dass mittlerweile zwei radioaktive Substanzen, Caesium und Jod, in der Nähe des Kraftwerkes Fukushima 1 festgestellt worden seien. Das deutet darauf hin, dass einige der Metallbehälter mit Uranbrennstoff zu schmelzen begonnen haben.

Der Atomphysiker und Greenpeace-Experte Heinz Smital kommentiert die katastrophale Situation so: "Dies ist kein GAU, sondern ein Super-GAU. Der Unfall ist vergleichbar mit dem schweren Unfall in Tschernobyl 1986. Es handelt sich beim Akw Fukushima 1 um einen Reaktor westlicher Bauart, der mit deutschen Atomkraftwerken absolut vergleichbar ist."

Der größte anzunehmende Unfall (GAU) ist ein eingeplanter Unfall in einem Akw. Das heißt, die Anlage muss so ausgelegt sein, dass sie einen Unfall übersteht, ohne dass radioaktives Material oder Strahlung über die zulässigen Grenzwerte hinaus aus dem Akw austritt. Der GAU stellt den größte Unfall dar, der bei der Planung einer kerntechnischen Anlage anzunehmen ist.

Von einem Super-GAU wird gesprochen, wenn noch stärkere Belastungen des Reaktors auftreten, als bei dem eingeplanten GAU. Bei einem Super-GAU wird die Hülle des Reaktors zerstört und Radioaktivität in die Umwelt austreten.

12 Mar 2011

AUTOREN

Reiner Metzger

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