taz.de -- Vor der Landtagswahl in Rheinland-Pfalz: "Man kann die SPD nicht alleine lassen"

Vier Tage vor der Wahl: Die Grünen-Doppelspitze Eveline Lemke und Daniel Köbler über Schnittmengen mit der SPD, die geplante Anti-Atom-Koalition und die Unglaubwürdigkeit der CDU.
Bild: "Unser Glaubwürdigkeitsfaktor ist sehr hoch." Eveline Lemke und Daniel Kölber, Spitzenkandidaten der Grünen in Rheinland-Pfalz.

taz: Frau Lemke, Herr Köbler, die Grünen in Rheinland-Pfalz fungierten in der am Sonntag zu Ende gehenden Legislaturperiode als APO. Jetzt werden Ihnen plötzlich rund 14 Prozent prognostiziert. Sind Sie die eigentlichen politischen Profiteure der atomaren Katastrophe in Japan?

Eveline Lemke: Die Wählerinnen und Wähler vertrauen uns, weil wir schon immer gegen AKWs gekämpft haben. Die Grünen sind ja von Atomkraftgegnern mit gegründet worden. Unser Glaubwürdigkeitsfaktor ist deshalb sehr hoch.

Daniel Köbler: Schon die unverantwortliche Laufzeitverlängerung durch Union und FDP hat dazu geführt, dass den Grünen noch skeptisch gegenüberstehende Bürger, die auf erneuerbare Energien setzen, vermehrt zu uns an die Infostände kamen.

Warum haben Sie kurz vor dem Fernsehduell Kurt Beck (SPD) vs. Julia Klöckner (CDU) vergangene Woche ihre bisherige Linie, vor der Wahl keine Koalitionsaussage zu machen, verlassen und der SPD ein Koalitionsangebot unterbreitet?

Köbler: Wir haben die Koalitionsaussage mit Unterstützung unserer Parteigremien gemacht. Das hatte mehrere Ursachen. Zum einen kam die Atompartei CDU mit ihrem Schlingerkurs nach dem Atomdesaster in Fukushima als glaubwürdiger Partner für die Realisierung der von uns angestrebten Energiewende nicht mehr infrage. Zum anderen schürten Klöckner und die CDU im Wahlkampf Ressentiments gegen Menschen mit Migrationshintergrund. Da mussten wir einfach ein Zeichen setzten: Wir haben mehr inhaltliche Schnittmengen mit der SPD.

Werden Sie nach der Wahl dennoch Sondierungsgespräche mit der CDU führen, auch wenn es für eine rot-grüne Koalition reichen würde?

Lemke: Wir kämpfen für starke Grüne und werden nach der Wahl bei einem entsprechenden Ergebnis eine Anti-Atom-Koalition anstreben. Wir halten diese Landtagswahl hier und auch die in Baden-Württemberg nämlich für Richtungswahlen.

Köbler: An diesem Sonntag wird auch mit Blick auf den Bundesrat die Grundlage für die Abwahl der schwarz-gelben Koalition von Merkel und Westerwelle geschaffen.

Auch wenn Sie sich mit Beck und der SPD in der Energie-, Sozial- und vielleicht auch Bildungspolitik schnell einig werden können, bleiben Knackpunkte übrig. Etwa die von ihnen bisher bekämpfte Hochmoselautobahnbrücke oder die geplante Brücke im Weltkulturerbe Mittelrheintal.

Lemke: Wir fallen auf die angebotene Bürgerberuhigung in Sachen Mittelrheinbrücke statt einer echten Bürgerbeteiligung nicht herein. Und auch beim Hochmoselübergang sehen wir noch Chancen, das Projekt zu stoppen. Diese Landtagswahl wird zeigen, ob die Menschen in der Region das überflüssige und teure gigantische Bauwerk überhaupt noch haben wollen. Die Bürgerinitiativen dort und die Winzer jedenfalls rufen aktuell zur Wahl von uns Grünen auf - und das ganz ohne unser Zutun.

Köbler: Man kann die SPD beim Regieren nicht alleine lassen. Auch nicht bei der Energiepolitik. Das Land hinkt bei den erneuerbaren Energien weit hinterher. Und auch in der Bildungspolitik besteht Nachholbedarf. Wir haben zu große Klassen und Kindergartengruppen, marode Schulen und noch immer zu wenig Gesamtschulen für das lange gemeinsame Lernen.

Wie viele Ministerposten und welche Ressorts wird es für die Grünen geben?

Lemke: Darüber reden wir dann nach den Koalitionsverhandlungen.

Köbler: Wir sind in diesen Wahlkampf mit drei Schwerpunkten gezogen: Umwelt und Energie, Bildung, Soziales.

23 Mar 2011

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Klingelschmitt

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