taz.de -- Entwicklungsminister und die Akte Kolping: Verschleppt und vergessen
Seit einem Jahr gibt es Korruptionsvorwürfe gegen die Kolping-Stiftung in Paraguay - das Entwicklungsministerium hat scih bis heute nicht öffentlich dazu geäußert.
Wenn es um Korruption in seinem Arbeitsbereich geht, hat Entwicklungsminister Dirk Niebel eine unverrückbare Haltung: bekämpfen, wo es nur geht. Einer der schwersten Korruptionsvorwürfe seiner Amtszeit kam aus Paraguay. Millionen Euro sollen dort bei der Kolping-Stiftung bis 2007 hinterzogen worden sein, klagte die damalige Geschäftsführerin Brigitte Fuzellier 2010. Die Akte Kolping entpuppte sich als komplizierter Fall, das Entwicklungsministerium schickte Prüfer. Doch noch heute, mehr als ein Jahr nach den ersten Vorwürfen, wartet die Öffentlichkeit auf die Ergebnisse. Vorbildliche Aufklärung bei Korruption in der Entwicklungshilfe? Fehlanzeige.
In dem Fall hat die mittlerweile suspendierte Fuzellier Vorgängern vorgeworfen, bei dem Bau eines Verwaltungsgebäudes Gelder unterschlagen zu haben. Es geht um falsche Schecks und Buchungstricks, später um verschwundene Dokumente, Einbrüche, Stalking. Der Kolping-Zentrale in Köln und dem Entwicklungsministerium unterstellt sie mangelnden Aufklärungswillen.
Tatsächlich ist es bemerkenswert, wie langsam der Fall vom Entwicklungsministerium bearbeitet wurde. Seit dem Frühjahr 2010 waren die Vorwürfe bekannt. Doch die ministeriale Prüfmission betritt erst im August das Land - nachdem unter anderem die taz groß über den Fall berichtet hatte. Dann dauert es wieder: Regelmäßig verkünden Niebels Sprecher baldige Ergebnisse der Prüfungen. Im November sagte ein Ministeriumssprecher, es gebe "Indizien, dass Dinge schiefgelaufen sind". Es kann nicht mehr lange dauern mit der Aufklärung, scheint es im Herbst 2010. Es folgt: nichts. Noch am Mittwoch in Berlin sagte ein Sprecher des Ministeriums: "Wir wollen sehr genau wissen, was passiert ist."
Doch bereits im Januar dieses Jahres sprachen Ministerialbeamte am Buffet öffentlicher Veranstaltungen davon, dass der Prüfbericht vorliege - nur eben nicht für die Öffentlichkeit.
Auch Parlamentarier wurden mit dürftigen Informationen über den Verbleib der Steuergelder abgespeist. Nachfragen liefen ins Leere. Am 15. März gab das Entwicklungsministerium einen Sachstand an die Abgeordneten durch, der der taz vorliegt. Demnach hätten sich einige der Vorwürfe, wie persönliche Bereicherung durch "betrügerische Manöver zu Lasten der Bundesmittel", nicht konkretisiert. "Gleichwohl gibt es eine Reihe von zum Teil ernsten Prüfungsfeststellungen, zu denen der SEK (Kolping in Köln) noch eingehend Stellung beziehen muss", schreibt das Ministerium. Würden diese Bedenken nicht ausgeräumt, "werden Rückforderungsansprüche gestellt". Kein Wort mehr. Wahrscheinlich ist, dass Fuzellier mit ihren Anschuldigen übertrieben hat - aber in anderen Fällen wohl recht hatte.
Die Abgeordneten wollten den Fall in dieser Woche im Entwicklungsausschuss behandeln - doch das Ministerium sagte ab. Am Donnerstag lädt Staatssekretärin Gudrun Kopp (FDP) nun die Entwicklungsobleute zu einem informellen Mittagessen ein, um über den Wissensstand aufzuklären - 15 Monate nach den ersten Vorwürfen.
Der Fall Kolping ist nicht der einzige Fall, den - unverschuldet - der Entwicklungsminister in seiner Amtszeit aufzuklären hat. Wegen Korruptionsvorwürfen beim Global Fund zur Bekämpfung von Aids und Malaria hatte Dirk Niebel im Januar einen Zahlungsstopp veranlasst. Doch auch da waren die Vorwürfe schon im November bekannt. "Die Dimension des Problems, wie es geschildert wurde in der Medienberichterstattung im Januar", sagte Niebel in der Welt, "hat mich bewogen zu sagen: Ich will alles überprüfen."
7 Apr 2011
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