taz.de -- Kommentar zum Anschlag in Minsk: Wen Lukaschenko verdächtigt
Der autoritäre Staatschef Lukaschenko meint zu wissen, dass die Verantwortlichen für den Terroranschlag im Ausland sitzen. Dem Land droht der Kollaps.
Anders als die Menschen in Russland glaubte sich ein Großteil der Weißrussen bislang vor terroristischen Angriffen sicher. Damit ist es seit dem Bombenanschlag in einer Minsker U-Bahn-Station am Montagabend, bei dem mindestens zwölf Personen getötet und rund 150 verletzt wurden, vorbei. Obwohl über die Identität der Täter derzeit nur gemutmaßt werden kann, meint der autoritäre Staatschef Alexander Lukaschenko schon zu wissen, dass die Verantwortlichen für die Tat im Ausland sitzen. Im westlichen Ausland versteht sich - lauern hier doch die bösen Kräfte, die durch die Unterstützung der Opposition, der Zivilgesellschaft, ja sogar mit Programmen für durch Tschernobyl geschädigte Kinder Weißrussland destabilisieren.
Lukaschenko hat den Geheimdienst KGB aufgefordert, das Land auf der Suche nach den Verantwortlichen "auf den Kopf zu stellen". Als ob er das nicht ohnehin schon täte - vor allem seit dem Tag seiner gefälschten Wiederwahl, dem 19. Dezember 2010.
In einer Art Kurzschlussreaktion ließ Lukaschenko Proteste seiner Kritiker zusammenknüppeln und über 600 Personen festnehmen. Knapp 30 sitzen immer noch im Gefängnis oder sind bereits zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt worden. Hausdurchsuchungen bei Regimegegnern sowie deren Bedrohung und Einschüchterung sind an der Tagesordnung.
Dass die Opposition eine Verschärfung der repressiven Gangart befürchtet, liegt nahe, zumal Lukaschenko so von den innenpolitischen Problemen ablenken kann. Und die sind immens. Dort, wo die Menschen Hamsterkäufe tätigen aus Angst, die Lebensmittel am nächsten Tag nicht mehr bezahlen zu können, dämmert es auch dem Letztem, dass dem Land der Kollaps droht. Lukaschenko steht mit dem Rücken zur Wand. Daran wird auch der Anschlag nichts ändern.
12 Apr 2011
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