taz.de -- Gefahr für AKW Fukushima in Japan: Mit Sandsäcken gegen Tropensturm
Arbeiter versuchen, das geschädigte AKW Fukushima gegen ein neues Unwetter zu sichern. Aber sie scheitern schon am Alltag, weil Aufnahmetanks undicht sind.
Nach dem Erdbeben und dem Tsunami bedroht ein schwerer tropischer Sturm das Atomkraftwerk Fukushima: Mit heftigen Regenfällen hat er den Südwesten Japans heimgesucht und soll nach Angaben der japanischen Agentur für Meteorologie in der Nacht zu Montag die Küste bei Fukushima erreichen.
Die Betreiberfirma Tepco bereite sich auf das Unwetter vor, indem es Sandsäcke um die Gebäude aufschichten ließ, in denen der Strom für die Arbeiten am AKW erzeugt wird. Kräne wurden in Sicherheit gebracht. Alle Arbeiten außer Kontrollrundgänge würden bei starkem Sturm und Regen eingestellt, erklärte Tepco laut Meldungen des TV-Senders NHK.
Der Regensturm könnte die bereits angegriffenen Reaktorgebäude weiter beschädigen und die stark verstrahlten Teile aus der Trümmerlandschaft um die Reaktorblöcke ins Meer oder ins Grundwasser schwemmen. Am Sonntag hieß es nur, Tepco würde das Problem "untersuchen".
Pumparbeiten eingestellt
Doch schon mit dem planmäßig eingebrachten Wasser zur Kühlung der Reaktoren kommen die Arbeiter nicht zurecht: Vergangene Woche waren die Pumparbeiten mit verstrahltem Wasser in den Kellern der Reaktoren eingestellt worden, weil die Aufnahmetanks undicht waren. Daraufhin stieg das Wasser in Block 2 und 3 wieder.
Wie gefährlich es werden kann, wenn der Regen Strahlenschrott oder radioaktives Wasser ins Meer spült, zeigen aktuelle Messdaten aus dem Ozean. Das japanische Wissenschaftsministerium veröffentlichte am Wochenende extrem hohe Werte von radioaktivem Cäsium weit entfernt von Fukushima.
Am Meeresboden in 45 Metern Tiefe, 30 Kilometer vor der Hafenstadt Sendai nördlich des AKW, fanden die Wissenschaftler 110 Becquerel pro Kilo, das Hundertfache des Grenzwerts. Auch vor der Küste von Mito wurden 50-fache Überschreitungen der Werte gemessen.
29 May 2011
AUTOREN
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Die Atomruinen von Fukushima strahlen weiter. Ein Roboter zeigt Rekordwerte in der Luft an. Angesammeltes Kühlwasser erschwert die Reparaturarbeiten.
Die Aufräumarbeiten im Katastrophengebiet kommen langsam voran. Sie werden durch Asbestgefahr erschwert. Doch viele Freiwillige und sogar Yakuzabanden helfen mit.
Ein neuer Bericht deckt auf: 342 Erdspalten rund um Fukushima waren bekannt, wurden aber ignoriert. Im Kraftwerk selbst versucht man neue Kühltechnik.
160.000 Menschen demonstrierten am Wochenende für den schnellen Ausstieg aus der Atomkraft. Göttingen erlebte die größte Anti-AKW-Demo seiner Geschichte.
Greenpeace beschuldigt Fukushima-Betreiber Tepco, bereits wenige Stunden nach dem Erdbeben von den Kernschmelzen gewusst zu haben. Verseuchung sei in Kauf genommen worden.
Zwei Monate nach dem Tsunami macht die Regierung in Tokio nicht den Eindruck, Herr der Lage zu sein. Die Katastrophe zeigt, dass eine effiziente Verwaltung allein nicht reicht.
Tepco bestätigt, dass es in drei Atomreaktoren schon kurz nach dem Erdbeben zur Kernschmelze gekommen sei. Das radioaktive Wasser wird immer mehr zum Problem.
Ein bisschen Medienschelte ist angebracht. Jetzt gibt es zwar mehr Infos aus Fukushima. Doch das Medieninteresse hat nachgelassen. Andere Themen stehen im Vordergrund.