taz.de -- Kommentar Griechenland: Wir üben den Staatsbankrott

Nicht private Gläubiger, die EZB wird Griechenlands Umschuldung wegstecken müssen. Die erste Staatspleite in der Euro-Zone ist eine Übung, für die die EU aber mehr Zeit bräuchte.

Wolfgang Schäuble hat einen Sieg errungen. Er hat die deutschen Parlamentarier überzeugt, weitere Milliardenhilfen für Griechenland zu genehmigen. Schäubles Argument, dass sich nun endlich auch die privaten Gläubiger an der Umschuldung beteiligen müssten, wurde dabei von den Abgeordneten dankbar aufgenommen.

Allein: Diese Einsicht kommt mindestens ein Jahr zu spät. Genaue Zahlen sind ja immer Mangelware, wenn es in Deutschland zu schwerwiegenden Entscheidungen kommt. Aber soweit man das Zahlenwirrwar durchblickt, haben private Gläubiger gar nicht mehr so viele griechische Schulden in den Büchern stehen - außer Banken und Anleger in Griechenland selbst und natürlich die deutschen Landesbanken und staatseigenen Bankrottinstitute, die wir seit der Finanzkrise am Hals haben.

Private Banken und Versicherungen europaweit haben nach den Statistiken einen großen Teil ihrer griechischen Anleihen abgestoßen, vor allem an die Europäische Zentralbank. Wenn sich nun die Gläubiger an einer Umschuldung beteiligen müssen, dann trifft dies also vor allem die EZB (die selbst zweistellige Milliardenverluste locker wegsteckt) und die deutschen Landesbanken und damit deutsche Bankkunden oder Steuerzahler.

Es geht also beim neuen Hilfspaket nicht um private Gläubiger, sondern letztlich um die Frage, ob man die griechischen Banken und damit vielleicht das griechische Finanzsystem in den kommenden Monaten absaufen lässt oder nicht. Derzeit ist die Meinung der Euro-Finanzpolitiker: auf keinen Fall. Und sie liegen wohl richtig damit. Denn was wir erleben, ist der erste Staatsbankrott seit Bestehen des Euros. Da müssen alle noch üben, und dafür braucht ein Staatenverbund wie die EU mehr Zeit, als bisher zur Verfügung stand.

10 Jun 2011

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Reiner Metzger

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