taz.de -- Treffen der Euro-Finanzminister: Griechenland-Rettung, nächster Teil

Einigen sich die Finanzminister der EU nicht auf ein Notpaket für Athen, wäre Griechenland pleite. Protestierende in Athen wollen unterdessen das "korrupte System" zusammenbrechen lassen.
Bild: Sie wollen das System zusammenbrechen sehen: Demonstranten am Samstag in Athen.

LUXEMBURG dpa/dapd | Die Euro-Finanzminister beraten am heutigen Sonntag in Luxemburg über weitere Hilfen für Schuldensünder Griechenland. Neben einem zusätzlichen Notpaket von bis zu 120 Milliarden Euro geht es auch um die Freigabe einer für Mitte Juli geplanten 12-Milliarden-Kredittranche der Europäer und des Internationalen Währungsfonds (IWF) aus dem "alten" Hilfsprogramm. Sollte das Geld nicht fließen, wäre Griechenland pleite. Zu der Ministerrunde wird auch der neue griechische Ressortchef Evangelos Venizelos erwartet.

Die EU-Kommission hatte sich für die Freigabe der 12 Milliarden Euro ausgesprochen, um Druck von der Regierung in Athen zu nehmen. Ursprünglich sollte die Auszahlung an weitere Sparanstrengungen geknüpft werden, die der griechische Ministerpräsident Giorgos Papandreou angesichts der Massenproteste gegen seinen Sparkurs und des Widerstands auch in der eigenen sozialistischen Pasok-Partei derzeit aber nicht durchsetzen kann.

Auch am Samstag gingen in Athen die Proteste gegen das rigorose Sparprogramm weiter. Zwischen 3.000 und 5.000 Mitglieder der kommunistischen Gewerkschaft PAME riefen dabei ebenso wie die Kommunistische Partei zu umfangreichen Streiks in allen Bereichen auf, damit das "korrupte System zusammenbricht". Die Generalsekretärin der Kommunistischen Partei, Aleka Papariga, sagte bei der Kundgebung, die Menschen sollten sich keinen Illusionen hingeben. Die Regierung und die Gläubiger würden sich zusammentun, um dem griechischen Volk bei lebendigem Leib die Haut abzuziehen. Die Demonstration verlief ohne Zwischenfälle.

Schnnellerer Auschluss gefordert

Nach einem vorläufigen Zeitplan der EU-Kommission sollen die Verhandlungen über das neue Hilfspaket spätestens Mitte Juli abgeschlossen werden. Vor dem Hintergrund der schweren politischen Krise in Athen gibt es in Brüssel aber auch Stimmen, die auf einen schnelleren Abschluss pochen.

Nach Ansicht von Diplomaten dürfte die Einigung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy auf eine freiwillige Beteiligung privater Gläubiger die Verhandlungen vereinfachen. Die deutsche Seite hatte mit dem am Freitag in Berlin vereinbarten Kompromiss von weitreichenden Forderungen einer Beteiligung von Banken und Versicherungen Abstand genommen.

Im Streit um die Beteiligung privater Gläubiger will Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) der Europäischen Zentralbank darüber hinaus laut Spiegel mit einem Kompromissvorschlag entgegenkommen. Nach den Plänen seines Ministeriums solle die griechische Regierung im Rahmen eines zweiten Rettungspakets neben Hilfszahlungen von 90 bis 120 Milliarden Euro auch Anleihen des europäischen Rettungsschirms EFSF erhalten, berichtete das Nachrichtenmagazin am Sonntag vorab.

Diese solle Athen an heimische Banken weiterreichen, die die Papiere als Sicherheiten für ihre Geldausstattung bei der EZB hinterlegen können. So wolle Schäuble einen Einwand der EZB ausräumen, an dem bislang ein Forderungsverzicht privater Gläubiger gescheitert ist, heißt es in dem Bericht.

Die Verhandlungen über eine Einbindung von privaten Gläubigern bei einem neuen Griechenland-Paket sind ausgesprochen kompliziert, weil die Europäer damit Neuland betreten. Der Vorsitzende der Ministerrunde, Luxemburgs Premier- und Schatzminister Jean-Claude Juncker, warnte am Samstag in mehreren Zeitungsinterviews davor, dass dadurch andere hoch verschuldete Länder der Eurozone von der Krise angesteckt werden könnten.

Gerechte Lastenteilung nötig

Bundeskanzlerin Merkel bekräftigte am Samstag in Berlin, es müsse versucht werden, in den Verhandlungen einen "substanziellen Beitrag" der privaten Geldgeber zusammenzubringen. Die Gläubigerbeteiligung sei nur auf freiwilliger Basis möglich. Für eine verpflichtende Einbindung gebe es keine rechtliche Grundlage. Hier gebe es auch keinen Dissens zwischen ihr und Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU). Grundsätzlich sei eine gerechte Lastenteilung nötig.

Im Interview der Zeitschrift "Super Illu" zeigte sich Merkel trotz Griechenland-Krise optimistisch für die weitere Entwicklung im Euro-Raum. "Für die Gegenwart sind wir in Europa schon sehr viel besser gerüstet", sagte sie. Zurzeit gehe es darum, die "beträchtlichen Versäumnisse" und "Sünden der Vergangenheit" abzuarbeiten. "Die Schuldenkrisen, die Griechenland, Portugal und Irland jetzt durchleiden, sind allesamt aus früheren Fehlern entstanden", betonte die Kanzlerin.

19 Jun 2011

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