taz.de -- Kommentar Quadriga-Preis: Putins Image ist angeschlagen

Russland muss registrieren, dass Putin in Europa nicht preiswürdig ist. Die Preisrichter haben auf ihre Art dem Regime in Moskau effektiv ein Stück Legitimation entzogen.
Bild: Populismus und Sexismus: Wahlkampf auf Russisch.

Um die deutsch-russischen Beziehungen steht es seit Jahren gut. Ja so gut, dass unsere europäischen Nachbarn das Techtelmechtel mit Misstrauen verfolgen. Der Handel läuft prächtig, die Gewinnmargen sind optimal. Da verbietet sich jegliche Kritik an Moskaus Autoritarismus und der Privatisierung des Staates durch Putins Kamarilla.

Die Affäre um das Aussetzen des Quadriga-Preises für den Stabilitätsgaranten Wladimir Putin wird dem soliden Profit auch keinen Abbruch tun.

Russland braucht Deutschland, nicht nur als Anwalt in Europa oder als Gaskonsumenten. Deutschland fällt die Rolle des technologischen Modernisierers zu. Wann immer in der Geschichte sich ein russisches Regime marode gewirtschaftet hatte, war es deutsches Know-how, das einem antiquierten Herrschaftsmechanismus das Überleben sicherte. Daran wird sich auch ohne Preis nichts ändern.

Das Verhältnis Putins zu Deutschland hat durch die Blamage aber sicher Schaden genommen. Putin ist extrem nachtragend, von Natur aus eine beleidigte Leberwurst. Er wird es den Deutschen irgendwie schon heimzahlen. Denn zwischen einer privaten und einer staatlichen Initiative können Herrscher nicht unterscheiden, die den Staat als Privatbesitz auf Lebenszeit annektieren.

Putin kann die Erniedrigung auch nicht vergessen. Die fehlgeschlagene Anbiederung hat für den Präsidenten in spe unangenehme Konsequenzen. Sein internationales Image ist angeschlagen. Ihm und dem Regime wurde durch die öffentliche Kritik - vor allem aus dem europäischen Ausland - klargemacht, dass er zum Kreis der europäischen Politiker nicht dazugehört und dass Werte dann doch hin und wieder eine Rolle spielen können.

Auch Russland muss registrieren, dass der "nationale Lider" in Europa nicht preiswürdig ist. Den Preisrichtern sei Dank: Sie haben dem Regime in Moskau effektiver als dessen innere Gegner ein Stück an Legitimation entzogen.

18 Jul 2011

AUTOREN

Klaus-Helge Donath

ARTIKEL ZUM THEMA

Wahlkampf in Russland: "Russland, Titten, Putin"

Sie heißen "Medwedew-Girls" und "Putin-Armee". Junge Russinen waschen im Bikini Autos und strippen gegen Bierkonsum. Wer hinter den zweifelhaften Kampagnen steht, ist unklar.

Umstrittener Quadriga-Preis: Verleihung für 2011 abgesagt

Nach der teils heftigen Kritik an der Nominierung Putins für den Quadriga-Preis hat das Kuratorium die Verleihung für 2011 komplett abgesagt. Auch weitere Nominierte gehen leer aus.

Olafur Eliasson gibt Quadriga zurück: Return to Sender

Der dänische Künstler Olafur Eliasson gibt seine 2010 gewonnen Quadriga wegen der Auszeichnung Putins zurück. Auch der tschechische Ex-Präsident Vaclav Havel ist "enttäuscht".

Umstrittener Preisträger Putin: Quadriga nichts für Menschenrechtler

Trotz Kritik hält das Quadriga-Kuratorium an Russlands Premier Putin als Preisträger fest. Nach Cem Özdemir trat nun ein weiteres Mitglied aus dem Gremium aus

Quadriga-Preis für Putin: Ein unwürdiger Preisträger

Wladimir Putin bekommt den Quadriga-Preis verliehen, denn er hat alles, was ein "Leader" braucht. Handelt es sich um einen Scherz? Nein, leider nicht.