taz.de -- Kommentar US-Schuldenkompromiss: Die Weltwirtschaft trifft es später

Das US-Sparpaket ist langfristig problematisch: Es hätte viel Geld für ein Konjunkturpaket ausgegeben werden müssen, um die hohe Arbeitslosigkeit zu drücken.

Und was bedeutet das für Deutschland!? Diese Frage ist zwar etwas egozentrisch, aber nicht unberechtigt, wenn aus den USA die Nachricht dringt, dass sich die größte Volkswirtschaft der Welt nun ans Sparen macht. Die Antwort ist: Die globalen Folgen dürften vorerst gering, aber langfristig gravierend sein.

Um zunächst bei den kurzfristigen Aussichten zu bleiben: Die Schuldenkrise in den USA war ein politisches, kein ökonomisches Debakel. Staatsbankrott ist eben nicht gleich Staatsbankrott. Griechenland, zum Beispiel, ist wirklich pleite, während die USA ein enorm solventes Land sind. Dort müsste man nur die Steuern für die Reichen anheben - und schon würden die Haushaltsdefizite schwinden.

Gerade weil in den USA kein echter Staatsbankrott droht, ist auch das Sparpaket ein Witz. Kürzungen von 2,1 Billionen Dollar klingen zwar gigantisch, aber verteilt auf zehn Jahre sind es nur etwa 1,5 Prozent der US-Wirtschaftsleistung - nach heutigen Werten. Durch Inflation und Wachstum wird dieser Minianteil weiter sinken.

Trotzdem ist das amerikanische Sparpaket langfristig sehr problematisch. Denn es symbolisiert eine Unterlassung: Eigentlich hätten die USA nicht mikrig kürzen, sondern üppig Geld ausgeben müssen. Sie bräuchten ein neues Konjunkturpaket, um die hohe Arbeitslosigkeit zu drücken.

So aber wird die USA die Weltkonjunktur nicht retten können, wenn die Eurozone und die Schwellenländer in die Krise geraten. Genau dies aber ist zu befürchten: In China kann die Inflation jederzeit außer Kontrolle geraten, und in der Eurozone werden immer mehr Länder gezwungen, sich in eine Rezession zu sparen. Trotzdem kann man den USA nicht böse sein. Mit ihren Kürzungen machen sie nur die gleichen Fehler wie die Europäer.

2 Aug 2011

AUTOREN

Ulrike Herrmann

ARTIKEL ZUM THEMA

Drittgrösste Fluggesellschaft der USA: American Airlines beantragt Insolvenz

Die Fluggesellschaft American Airlines will sich unter Gläubigerschutz stellen lassen. Im Rahmen der geordneten Insolvenz plant das US-Unternehmen eine Restrukturierung.

Abgeordnetenhaus billigt Schuldendeal: Staatspleite praktisch abgewendet

Wochenlang hat der US-Finanzkrimi die Welt in Atem gehalten. Jetzt hat das Abgeordnetenhaus endlich die Erhöhung des Schuldenlimits gebilligt. Der Senat soll folgen.

Schulden in den USA: Vier Blocks weiter ist alles anders

Nach der Einigung im Schuldenstreit sind in Washington die von staatlichen Hilfen abhängigen Bewohner sauer. Sie glauben, dass sie dafür büßen müssen.

USA nach dem Schuldenstreit: Das hat er nicht gewollt

Ein Ergebnis der Schuldendebatte steht fest: Der politische Diskurs ist nach rechts gerückt. Und der kommende Kampf ums Amt des Präsidenten wird hässlicher denn je.

Einigung in Washington: Mehr Schulden, weniger Ausgaben

Die Parteiführungen von Demokraten und Republikaner haben sich auf einen Kompromiss im Schuldenstreit verständigt. Unklar bleibt, wie sich die 87 Abgeordneten der Tea Party dazu verhalten werden.