taz.de -- Türkei geht Geduld mit Syrien aus: "Assad könnte wie Saddam enden"
Nach dem blutigen Wochenende in Syrien kommt Kritik aus Saudi-Arabien. Der türkische Außenminister will bei seinem Besuch in Damaskus eine letzte Warnung aussprechen.
DAMASKUS/KAIRO dpa/afp | Der internationale Druck auf das Regime des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad wird stärker. Nach UN-Generalsekretär Ban Ki Moon, Papst Benedikt XVI. und führenden westlichen Politikern hat nun auch der saudische König Abdullah zu raschen und radikalen Reformen in Syrien aufgerufen. "Die Todesmaschinerie und das Blutvergießen müssen gestoppt werden", verlangte Abdullah in einer vom staatlichen Fernsehen übertragenen Rede am Sonntagabend.
"Für Syriens Zukunft gibt es zwei Optionen: Weisheit oder Chaos", mahnte Abdullah. Der Monarch kündigte an, den Botschafter seines Landes aus Damaskus zu Konsultationen einzuberufen. "Was in Syrien stattfindet, ist inakzeptabel", sagte Abdullah.
In den von der syrischen Armee überrannten Städten Deir al-Zor und Homs haben massive Verhaftungswellen eingesetzt. Allein 1500 Menschen seien im Wohnviertel Garagma in Homs von Geheimdienstbeamten oder Soldaten weggebracht worden, berichteten syrische Aktivisten am Montag.
In der Regel würden die Truppen durch die Straßen ziehen und mit Lautsprechern die Namen der zu Verhaftenden ausrufen. Stellten diese sich nicht von selbst, werde ihr Haus oder ihre Wohnung vom Militär gestürmt.
Türkei verliert die Geduld
Der türkische Außenminister Ahmet Davutoglu will Presseberichten zufolge bei seinem Besuch in Syrien am Dienstag eine letzte Warnung an Staatschef Baschar el Assad richten. Falls dieser keine durchgreifenden Reformen einleite, werde er mit den Folgen zu leben haben, zitierte die Zeitung Radikal am Montag aus diplomatischen Kreisen.
Demnach will Davutoglu Assad klarmachen, dass er angesichts des steigenden internationalen Drucks nur zwei Möglichkeiten habe. Er könne sich wie der frühere sowjetische Staatschef Michail Gorbatschow trotz des Zusammenbruchs seiner Führung als geachteter Staatsmann Respekt verschaffen oder ihm drohe ein Schicksal wie das des hingerichteten irakischen Ex-Staatschefs Saddam Hussein.
Davutoglu werde bei seinem Gespräch mit dem syrischen Präsidenten zudem betonen, dass Syrien dabei sei, die Türkei als Partner zu verlieren, berichtete Radikal. Regierungschef Recep Tayyip Erdogan hatte nach Angaben der Nachrichtenagentur Anadolu am Wochenende betont, die Türkei habe angesichts der anhaltenden Gewalt die Geduld mit Assad verloren. Der syrische Präsident hat bisher alle Forderungen nach einem Ende der Gewalt gegen die Opposition ignoriert.
90 Tote am Wochenende
Durch das brutale Vorgehen des syrischen Regimes kamen [1][an diesem Wochenende] mindestens 90 Menschen ums Leben. Oppositionelle sprachen sogar von 80 Toten allein am Sonntag in den Hochburgen des Aufstands Deir al-Zor und Homs.
In die nordöstliche Stadt Deir al-Zor waren am Sonntag 200 Panzer eingerückt. Sie hätten aus vollen Rohren gefeuert, berichteten syrische Menschenrechtsaktivisten. Mindestens 50 Menschen seien getötet worden. Auf Videos, die Aktivisten ins Internet stellten, waren dicke Rauchwolken über Deir al-Zor zu sehen und Dauerbeschuss zu hören.
16 Menschen, unter ihnen ein Kind, wurden am selben Tag in Al-Hula bei Homs getötet, teilten syrische Oppositionelle mit. Wegen des Beschusses könnten von dort Verletzte nicht in Krankenhäuser gebracht werden. Mindestens 24 Zivilisten sollen schon am Freitag gestorben sein, als Armee-Verbände in den Vorstädten von Damaskus und in anderen Orten erneut mit scharfer Munition auf Demonstranten schossen, wie am Samstag bekannt wurde.
8 Aug 2011
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