taz.de -- Medienmogul Rupert Murdoch: Gute Zahlen trotz schlechter Presse
Skandal hin oder her: Murdoch, 80-jähriger Medienmogul, wurde als Alleinherrscher der News Corporation bestätigt. Und selbst die Geschäftszahlen sind glänzend.
BERLIN taz | Sein Unternehmen hat ein "robustes Portfolio", sagt Rupert Murdoch und garantiert "robustes Wachstum". Überhaupt ist "robust" bei dieser Telefonkonferenz mit Analysten und Pressevertretern sein Lieblingswort. Murdoch will es allen zeigen: Seht her, ich bleibe weiter an der Spitze meiner News Corporation.
Mit dem Possessivpronomen ist das dabei so eine Sache. Denn der 80-Jährige beherrscht über eine komplizierte Holding-Konstruktion mit nur 40 Prozent der Stimmrechte und noch weniger realem Aktienbesitz einen der größten Medien- und Unterhaltungskonzerne der Welt. Und mit so viel Einfluss, raunte es in den letzten Tagen wegen des [1][News of the World-Skandals], könne nun vielleicht doch mal Schluss sein.
Aber wer so dachte, hat sich zu früh gefreut: Murdoch bleibt Chairman und CEO nach dem angelsächsischen Konzernmodell, bei dem Vorstand (Executive Directors) und Aufsichtsräte (Independent Directors) im sogenanten Board zusammensitzen. Das Unternehmen, sagte Murdoch, sei schließlich "bis auf diese eine Ecke" namens Telefon-Skandal sauber und höchst profitabel. Und da werde man natürlich weiter alles tun, "um die Verantwortlichen zur Verantwortung zu ziehen", und überhaupt "verhindern, dass so etwas noch mal passieren" kann.
Deshalb braucht der rüstige Unruheständler auch keinen Nachfolger, natürlich, sagt Murdoch senior, hat er volles Vertrauen in Sohn James (38), Chef von Murdochs britischer Zeitungsholding. Nur brauchen tut er ihn nicht. Denn zum einen hofft Murdoch, "dass mein Job sowieso nicht in nächster Zukunft ausgeschrieben werden muss". Und dann ist da ja noch Chase Carey, seine rechte Hand: "Wenn ich unter einen Bus komme, glaube ich doch, das mein Job sofort an Chase geht." Aber natürlich sei das Sache des Boards.
2,7 Milliarden Dollar Gewinn
Wenn die New York Times schreibe, von den 9 "Independent Directors" seien 6 de facto Murdochianer, ist das natürlich Quatsch, blafft Murdoch und lobt die "kritischen Debatten" im Board allgemein und ganz besonders die Unabhängigkeit von Aufsichtsrat Viet Dinh - dem Patenonkel eines Murdoch-Enkels.
Aber heute geht es ja auch nicht um Kritik, sondern um klasse Zahlen: Das Geschäftsjahr 2010/2011 hat News Corp. mit gut 2,7 Milliarden Dollar Gewinn (bei 33,4 Milliarden Dollar Umsatz) abgeschlossen, nur das vierte Quartal litt ein bisschen unter dem Verkauf von MySpace für gerade noch 35 Millionen. 2005 hatte er noch mehr als das Sechzehnfache hingeblättert.
Dass er die britische Pay-TV-Plattform BSkyB wegen des [2][Telefon-Hacking-Skandals] nun doch nicht ganz übernehmen konnte, stinkt ihm natürlich auch: "Enttäuscht" ist er, sagt Murdoch. Mit rund 5 der für den BSkyB-Deal zurückgelegten 12 Milliarden Dollar will er nun News-Corp.-Aktien zurückkaufen. Denn die haben seit dem Skandal knapp ein Viertel verloren, sind "völlig unterbewertet".
Noch einmal beschwört er, er stehe "für totale Transparenz", zu den Untersuchungen in Sachen Telefonskandal könne er aber nicht mehr sagen. Dann ist die 60-Minuten-Audienz am Telefon auch schon wieder vorbei. Für die Pressefragen an "Mr. Murdoch" waren sowieso nur die letzten zehn Minuten reserviert, der Rest gehörte den Analysten, die ihn natürlich alle "Rupert" nennen dürfen.
11 Aug 2011
LINKS
AUTOREN
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Nach dem Skandal in Großbritannien wird nun auch in den USA gegen Rupert Murdoch ermittelt. "Demokraten werden ihn jagen", sagt US-Journalist Craig Aaron.
Vom Provinzblatt bis zum Onlineglaubensportal: Alles, was Sie über Rupert Murdoch wissen müssen: Das ABC zum britischen Abhörskandal.
Durch ihre verlegerische Linie haben die Murdochs illegale Aktionen geradezu herausgefordert - doch nicht nur sie. Der Boulevard wühlt im Schmutz und Millionen mögen's.
Ein Brief offenbart, dass die Murdochs über das Anzapfen von Telefonen auch eingeweiht waren. Vater wie Sohn hatten das bislang bestritten.
Illegale Recherchen, wie das Abhören einer fremden Mailbox, scheinen in England weit verbreitet. Wer bringt den Journalisten dort bloß bei, fremde Handys anzuzapfen?
Der neue Skandal überrascht nicht: Alles, was im Rattenrennen auf dem Boulevard in England einen Vorsprung verspricht, wird im Zweifel versucht.
"News of the World" soll neben Soldatenwitwen und Mordopfern auch einen Agenten ausspioniert haben. Die Presseaufseherin ist derweil ihren Job los.
Die "News of the World" sei eine großartige Zeitung gewesen, sagt James Alan Anslow. Er arbeitete bei dem kürzlich eingestellten Boulevardblatt und fühlt sich heute stigmatisiert.
David Wooding, Ex-Redakteur der "News of the World" über den Tag, an dem seine Zeitung eingestellt wurde, den Ruf des britischen Journalismus und die Verantwortung von Rupert Murdoch.