taz.de -- Oppositionelle in Syrien gefoltert: Tod hinter Gittern

88 Menschen wurden laut Amnesty seit dem Frühjahr in syrischen Knästen getötet. Alle Opfer wurden festgenommen, weil sie sich für Reformen eingesetzt haben.
Bild: Die Teilnahme an einer Demonstration gegen das Assad-Regime kann tödlich enden.

LONDON dpa | In syrischen Gefängnissen werden regierungskritische Häftlinge laut Amnesty International (AI) brutal gefoltert und getötet. Die Menschenrechtsorganisation fordert daher ein hartes Eingreifen des UN-Sicherheitsrats.

Seit den ersten Demonstrationen für Reformen im Frühjahr seien mindestens 88 Menschen in Gefängnissen gestorben, teilte AI in London mit. In den vergangenen Jahren habe man pro Jahr durchschnittlich etwa fünf Menschen gezählt, die in Gefangenschaft ums Leben gekommen seien.

Untersuchungen der Organisation zeigten zudem, dass viele der Getöteten zuvor gefoltert, geschlagen und verstümmelt worden seien.

"Die Tode hinter Gittern erreichen riesige Ausmaße und scheinen eine Ausweitung derselben brutalen Verachtung für das Leben zu sein, wie wir sie täglich auf den Straßen Syriens sehen", sagte AI-Syrienexperte Neil Sammonds laut einer Mitteilung.

"Die Berichte von Folterungen, die wir bekommen, sind grauenhaft. Wir glauben, dass die syrische Regierung das eigene Volk in gewaltigem Ausmaß verfolgt." Sämtliche in dem Bericht aufgeführten Opfer sollen festgenommen worden sein, weil sie an den Kundgebungen für Reformen in Syrien mitgemacht hatten. Alle 88 seien männlich.

Unter den Toten seien auch Kinder, etwa ein 13-Jähriger, der mit verstümmelten Genitalien und Verletzungen durch stumpfe Gewalt aufgefunden worden sei.

Videoclips von 45 Fällen

AI habe Videoclips von 45 der Fälle gesehen, die Verwandte und Aktivisten geschickt hatten, und Experten gebeten, diese auszuwerten. Unter anderem wiesen die Leichen demnach Verbrennungen, Verletzungen durch stumpfe Gewalt, Zeichen von Peitschenschlägen und Schnittwunden auf.

Auch ausgerissene Haare, Verbrennungen mit Zigaretten und verstümmelte Genitalien gehörten dazu. Es habe vermutlich bei keinem der Todesfälle eine unabhängige Untersuchung gegeben, hieß es. AI forderte den UN-Sicherheitsrat erneut zu einem "harten und juristisch bindenden" Handeln auf. Bislang habe der Rat "vollkommen unangemessen" reagiert.

AI hat nach eigenen Angaben eine Liste mit den Namen von mehr als 1.800 Menschen zusammengestellt, die seit Beginn der Proteste gestorben sind. Weitere Tausende seien in Gefangenschaft in Lebensgefahr.

30 Aug 2011

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