taz.de -- Kommentar Piratenpartei: Das neue Objekt der Begierde

Die Piratenpartei mausern sich plötzlich zu einer Alternative für bisherige grüne Stammwähler - weniger wegen ihrer konkreten Politik, sondern wegen ihrer Unangepasstheit.

Plötzlich wird der Wahlkampf in Berlin wieder richtig spannend. Nicht nur für die Wähler. Sondern vor allem durch die Wähler. Denn die haben sich - schenkt man den jüngsten Umfragen Glauben - ein neues Objekt der Begierde ausgeguckt: die Piratenpartei.

Der überraschende Aufstieg der Partei gewordenen Internetaktivisten geht einher mit dem anhaltenden Absacken der Grünen in den Umfragen. Wer mit offenen Augen durch die Stadt geht, kann den Zusammenhang fast nicht übersehen. Viele linksfühlende Stammwähler der Grünen sind durch die Möglichkeit, dass ihre bisherige Lieblingspartei mit der CDU koaliert, so irritiert, dass sie sich längst neue Optionen suchen. Da kommen die Piraten wie gerufen. Weniger wegen ihrer konkreten Positionen. Die kennt ja bisher kaum jemand. Aber die Piraten stehen für Unangepasstheit, irgendwie freakiges Spontitum - und jetzt haben sie auch noch den Makel verloren, dass eine Stimme für sie auf jeden Fall verloren wäre. All das dürfte reichen, um das noch fehlende halbe Prozent für den Einzug ins Parlament draufzusatteln.

Das hätte weitreichende Konsequenzen. Zweierkoalitionen mit absehbar knapper Mehrheit wie Rot-Rot oder Grün-Schwarz stünden im Parlament plötzlich drei Oppositionsparteien gegenüber - und hätten somit selbst rechnerisch keine Mehrheit mehr. Ein mathematischer Fakt, der linksskeptische Grüne eher noch beflügeln wird, ihr Kreuz bei den Piraten zu machen. Denn für eine rot-grüne Koalition würde es auch noch reichen, wenn ein paar Nerds das Parlament entern.

31 Aug 2011

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Gereon Asmuth

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Schwerpunkt Wahlen in Berlin
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