taz.de -- Kommentar zu Sarrazins Spende: Die Partei des Thilo Sarrazin
Bei Spenden geht es nie nur um die Summe. Dass die SPD Sarrazins Geld annimmt, wird sie Wählerstimmen kosten. Die Partei hat es so gewollt.
Ein langjähriger Sozialdemokrat spendet seiner Partei 5.000 Euro. Mitten im Wahlkampf. Eine Selbstverständlichkeit? Nun, wenn der Genosse Thilo Sarrazin heißt, dann ist gar nichts mehr selbstverständlich. Das dürfte sich rumgesprochen haben - vor allem in der SPD. Dennoch hat deren Kreisverband Neukölln nun das Geld des islamophoben Küchentheoretikers ohne Diskussion angenommen. Das ist kein Skandal, sondern ein Statement - ein Statement, das für Klarheit sorgt über die Position der SPD.
Bei Parteispenden geht es nie allein ums Geld. Sie sind interessengeleitet. Sarrazin selbst gibt das offen zu. Er hat sein Geldgeschenk nicht irgendeinem Parteiorgan angedient, sondern dem Kreisverband Neukölln, weil der durch Bezirksbürgermeister Heinz Buschkowsky geprägt ist. Die beiden Politiker hatten sich mit heftiger, teils grenzwertiger Kritik an der multikulturellen Gesellschaft hervorgetan. Dennoch hatte die SPD stets die feinen Unterschiede zwischen Buschkowsky und Sarrazin betont. Nur wenns ums Geld geht, zählen solche Feinheiten nicht mehr.
Die Wählerentscheidung
Eine Spende erzählt nicht nur etwas über die Interessen des Gebers, sondern auch über die des Nehmers: Die SPD ist und bleibt die Partei des Thilo Sarrazin. Erst hat sie das Ausschlussverfahren gegen den Ex-Finanzsenator vergeigt. Jetzt nimmt sie sein Geld. Es wird am 18. September Wähler geben, die genau deshalb für die SPD stimmen. Andere werden aus dem gleichen Grund ihr Kreuz nicht bei den Sozialdemokraten machen. Mit beidem muss die SPD leben. Sie hat es nicht anders gewollt.
6 Sep 2011
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