taz.de -- Streit um Stuttgart 21: Südflügel bleibt bis nach Abstimmung

Die Bahn lenkt im Konflikt um Stuttgart 21 ein kleines bisschen ein und verzichtet bis nach der Abstimmung auf den Abriss des Bahnhof-Südflügels. Aufgeschoben ist aber nicht aufgehoben.
Bild: Kriegt von der Bahn eine Gnadenfrist: der Südflügel von Stuttgarts Hauptbahnhof.

BERLIN afp | Zweieinhalb Monate vor der geplanten Volksabstimmung über das umstrittene Bahnprojekt "Stuttgart 21" hat die Deutsche Bahn Entgegenkommen gezeigt. Der Konzern erklärte sich am Mittwoch offiziell bereit, den Südflügel des derzeitigen Hauptbahnhofs erst nach der für Ende November geplanten Abstimmung abzureißen. Die von den Grünen geführte baden-württembergische Landesregierung begrüßte diese Ankündigung.

"Der Bauablauf lässt es zu, dass wir den Abriss des Südflügels bis Ende November verschieben können", erklärte Bahn-Vorstand Volker Kefer in Berlin. Die Bahn wolle diese Gelegenheit nutzen, "um im Vorfeld der Volksabstimmung ein klares Zeichen der Deeskalation zu setzen". Ein Regierungssprecher in Stuttgart sagte dazu, der Respekt vor der Volksabstimmung gebiete es, dass keine unwiderruflichen Fakten geschaffen würden. Über das weitere Vorgehen bei "Stuttgart 21" werde dann nach der Volksabstimmung entschieden.

Bahn-Vorstand Kefer machte jedoch deutlich, dass es lediglich um eine Verschiebung geht, das Unternehmen also weiterhin an dem Abriss des Südflügels festhält. Allen Beteiligten müsse klar sein, dass der Konzern ungeachtet des jetzigen Entgegenkommens die laufenden Tätigkeiten fortsetzen und im Dezember mit dem Abriss des Südflügels beginnen werde, erklärte er.

Der Streit um den geplanten Umbau des bestehenden Sackbahnhofs in eine unterirdische Durchgangsstation mit kilometerlangen Tunnelbauten dauert bereits seit 16 Jahren an. Das Thema spielte auch eine zentrale Rolle bei der Landtagswahl Ende März, bei der die CDU ihre jahrzehntelange Führungsrolle verlor und die Grünen zur stärksten Kraft gewählt wurden. Auch in der seither regierenden grün-roten Landesregierung unter Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) ist das Milliardenprojekt allerdings umstritten. Während die Grünen strikt dagegen sind, steht die SPD grundsätzlich dahinter. Die Koalitionspartner einigten sich deshalb auf die Volksabstimmung.

Kretschmann hatte an die Bahn appelliert, auf einen Abriss des Südflügels vor der Volksabstimmung zu verzichten. Bahn-Chef Rüdiger Grube signalisierte seinerseits bereits vor Wochen Kompromissbereitschaft in diesem Punkt.

14 Sep 2011

TAGS

Schwerpunkt Stuttgart 21
Schwerpunkt Stuttgart 21
Schwerpunkt Stuttgart 21
Schwerpunkt Stuttgart 21
Schwerpunkt Stuttgart 21
Schwerpunkt Stuttgart 21

ARTIKEL ZUM THEMA

Preiserhöhung bei der Deutschen Bahn: Bahn fahren wird zum Luxus

Wie jedes Jahr erhöht die Bahn die Fahrpreise. Schuld sind die gestiegenen Energie- und Personalkosten. Vor allem die Familienfeindlichkeit der Tarifpolitik wird kritisiert.

Parteitag der BaWü-Grünen: "S21"-Quorum bleibt hohe Hürde

Die Grünen in BaWü wollen kämpferisch in die Volksabstimmung zum Bahnhofsprojekt "S21" gehen - trotz des hohen Quorums. Und sie fordern von der SPD mehr Disziplin.

Kommentar Stuttgart 21: Es droht die Gewöhnung

Die Bahn räumt ein: Die Kosten für Stuttgart 21 steigen nochmals um 370 Millionen Euro. Doch die Gefahr besteht, dass sich über das schon Geahnte kaum noch jemand aufregt.

Streit um Stuttgart 21: Bahn räumt Millionenloch ein

Stuttgart 21, nächste Runde: 370 Millionen Euro teurer als gedacht soll das bisher offiziell 4,1 Milliarden Euro teure Tunnelprojekt werden.

Bahnhofsprojekt Stuttgart 21: 4,5 Milliarden - und keinen Euro mehr

Volles Risiko für die Bahn - so will es die Regierung in Stuttgart. Sie will sich am umstrittenen Bahnhofsneubau nur mit dem vereinbarten Geld beteiligen.

Private Firma interessiert an Kopfbahnhof: Befürworter könnten S21 kippen

Privatbahnen wollen die oberirdischen Gleise des Kopfbahnhofs erhalten und drohen mit Klage. Wenn sie recht bekommen verlieren die Befürworter ihr wichtigstes Argument.

"Bahnhof des Jahres": Kopfbahnhof macht's Rennen

Die Allianz pro Schiene hat Leipzigs Zentralstation zum "Bahnhof des Jahres" gekürt. Sie biete "unglaublich viel Platz" und "eine spirituelle Erfahrung". Auch Halberstadt erhält eine Auszeichnung.

Vor der "S21"-Volksabstimmung: "Wir sind die Guten"

Die SPD hält in Baden-Württemberg am umstrittenen "S21"-Projekt in der Landeshauptstadt fest. Gegner und Befürworter bereiten sich deshalb akribisch auf das Plebiszit vor.