taz.de -- 25. Tag Kongo-Kriegsverbrecherprozess: Bahembera erklärt vage

Eric Bahembera, der neben Ignace Murwanashyaka prominenteste ruandische Hutu-Politiker in Deutschland, soll den Zusammenhang zwischen FDLR und politischen Exilgruppen erklären.
Bild: Ein Kämpfer der FDLR im Ostkongo im Februar 2009.

Am 14. September wurde erstmals im Kriegsverbrecherprozess gegen Ignace Murwanashyaka und Straton Musoni, Präsident und 1. Vizepräsident der im Kongo kämpfenden ruandischen Miliz FDLR (Demokratische Kräfte zur Befreiung Ruandas), ein ruandischer Zeuge gehört: Eric Bahembera, langjähriger ruandischer Exilpolitiker in Deutschland.

Die Befragung sollte vor allem ergründen, welche Verbindungen es zwischen der FDLR und ruandischen Exilorganisationen in Europa gab und gibt. Dabei ging es einerseits um die RDR (Sammlung für Demokratie und Rückkehr nach Ruanda), die als Nachfolgeorganisation der Regierungspartei Ruandas während des Völkermordes 1994 gilt und nach der Flucht der für den Genozid Verantwortlichen in die DR Kongo in den Flüchtlingslager gegründet worden war. Aus der RDR ist die FDU (Vereinigte Demokratische Kräfte) hervorgegangen, die 2010 den Schritt zurück in die ruandische Politik wagte und vergeblich versuchte, in Ruanda bei den Präsidentschaftswahlen anzutreten. Die Präsidentin der Exilpartei Victoire Ingabire steht derzeit in Ruanda unter dem Vorwurf der Völkermordleugnung und der Zusammenarbeit mit Terroristen vor Gericht.

Bahembera, ein Informatiker, der Ruanda 1992 verließ und als Student nach Deutschland kam, sagte aus, er sei 2003 Präsident der Deutschland-Sektion der RDR geworden und sei heute Deutschlandvertreter der FDU. In der RDR war auch Murwanashyaka aktiv, bevor im Jahr 2000 die FDLR als politische Vertretung der ruandischen Hutu-Kämpfer im Kongo gegründet wurde und er 2001 zu ihrem Präsidenten gewählt wurde. Murwanashyaka war demnach 1998-2000 Präsident der Deutschland-Sektion der RDR, Musoni Mitglied der Deutschland-Führung. Bahembera bestätigte, dass er Murwanashyakas Nachfolger als Präsident der RDR-Deutschland war.

Dies ergibt eine personelle Kontinuität zwischen der RDR, die sich als politische Partei deklarierte, und der FDLR, die mit ihrem bewaffneten Flügel FOCA auch eine militärische Organisation ist. Offen ist, ob es auch eine politische Kontinuität gibt. Fest scheint zu stehen, dass es innerhalb der ruandischen Hutu-Exilszene in Deutschland, zu der Murwanashyaka und Musoni ebenso wie Bahembera gehören, engen Kontakt gab, auch über persönliche Belange, unabhängig von der jeweiligen gegenwärtigen politischen Organisation. Dies ist bekannt und wurde von Bahembera bestätigt.

Die FDLR einerseits, mit ihrer Armee im Kongo, und die FDU andererseits, mit ihrer politischen Arbeit in Ruanda, repräsentieren allerdings zwei unterschiedliche, möglicherweise komplementäre aber möglicherweise auch konträre Strategien für Ruandas Hutu-ExilpolitikerInnen. So blieben konkrete Aussagen über die Art der Zusammenarbeit zwischen den Exilführern der beiden Gruppen im Vagen und es wurde dem Zeugen auch leicht gemacht, darüber vage zu bleiben.

16 Sep 2011

AUTOREN

Schmolze

TAGS

Schwerpunkt Kongo-Kriegsverbrecherprozess
Schwerpunkt Kongo-Kriegsverbrecherprozess
Schwerpunkt Kongo-Kriegsverbrecherprozess
Schwerpunkt Kongo-Kriegsverbrecherprozess
Schwerpunkt Kongo-Kriegsverbrecherprozess
Schwerpunkt Kongo-Kriegsverbrecherprozess
Schwerpunkt Kongo-Kriegsverbrecherprozess
Schwerpunkt Kongo-Kriegsverbrecherprozess
Schwerpunkt Kongo-Kriegsverbrecherprozess
Schwerpunkt Kongo-Kriegsverbrecherprozess

ARTIKEL ZUM THEMA

30. Tag Kongo-Kriegsverbrecherprozess: "Kann mich nicht erinnern"

Eine unergiebige Zeugenbefragung in Stuttgart überschattet den Streit um den Umgang mit dem Internationalen Strafgerichtshof. Denn der hat ebenfalls gegen die FDLR Anklage erhoben.

29. Tag Kongo-Kriegsverbrecherprozess: Hinter verschlossenen Türen

Eine ehemalige deutsche Lebensgefährtin des FDLR-Präsidenten Igance Murwanashyakas wird unter Ausschluss der Öffentlichkeit befragt.

27./28. Tag Kongo-Kriegsverbrecherprozess: Die gescheiterte Vermittlung

FDLR-Präsident Murwanashyaka zeigte kein Interesse an einem Ende des militärischen Kampfes der ruandischen Miliz. Das sagt ein Unterhändler aus.

26. Tag Kongo-Kriegsverbrecherprozess: So feiert die FDLR

Weil die geladene Ex-Ehefrau eines Angeklagten die Aussage verweigerte, verlas das Gericht teils kuriose interne Dokumente der ruandischen Miliz.

Vor den Wahlen im Kongo: Manipulation und Machtkämpfe

Ein gewaltsamer Wahlkampf droht. Der Konflikt zwischen Präsident Kabila und Oppositionschef Tshisekedi gefährdet die geplanten Wahlen in der Demokratischen Republik Kongo.

24. Tag Kongo-Kriegsverbrecherprozess: Die Macht des Präsidenten

Zur Wiederaufnahme des FDLR-Prozesses in Stuttgart wird dem angeklagten FDLR-Präsidenten Murwanashyaka sein eigenes TV-Interview vorgehalten.

23. Tag Kongo-Kriegsverbrecherprozess: Die entführte Ehefrau

Räuberpistolen aus Kongo-Brazzaville am letzten Prozesstag vor der Sommerpause: Ein FDLR-Kontaktmann will die Frau eines FDLR-Obersts entführt haben.

22. Tag Kongo-Kriegsverbrecherprozess: "Wir kämpfen gegen mächtige Länder"

FDLR-Präsident Murwanashyaka hoffte 2009 auf einen mächtigen "Vermittler", um in Europa politischen Einfluss zu erlangen und das "Problem" in Ruanda zu lösen.

21. Tag Kongo-Kriegsverbrecherprozess: "Beten - morgens, mittags, abends"

FDLR-Präsident Murwanashyaka lässt sich im April 2009, als seine Miliz im Kongo geschwächt ist, über Desertionen in seiner Truppe aus. Es helfe nur Beten, erklärt er.

20. Tag Kongo-Kriegsverbrecherprozess: "Ich muss von hier weg"

Im Kongo besiegt, in Deutschland verfolgt: FDLR-Präsident Murwanashyaka war im März/April 2009 scheinbar am Ende. Er wollte "in den Wald" untertauchen.