taz.de -- Stadt und Kunst: Für ein Jahr Europäische Kulturstadt
Was ist das? Mit Athen, der Kulturstadt Europas 1985, fing der bunte Reigen an. Seit einigen Jahren gibt es sogar jedes Jahr zwei Kulturhauptstädte.
Seit wann gibt es das Projekt?
Die EU-Minister für Kulturfragen beschlossen 1985, auf Vorschlag der griechischen Künstlerin und Pasok-Kulturministerin Melina Mercouri ("Ein Schiff wird kommen"), die jährliche Benennung einer "Kulturstadt Europas". Ziel: "Die Völker der Mitgliedstaaten einander näherbringen". Bürokratisches Procedere: "Im Prinzip sollte in der alphabetischen Reihenfolge der Mitgliedstaaten vorgegangen werden …"
Armes Zypern!
Na, die kamen ja eh erst später. Aber das alphabetische Prinzip wurde mit Mercouris Griechenland vorneweg sowieso gleich durchbrochen. Athen war 1985 erste Kulturstadt Europas, 1988 war der Westteil Berlins gekürt. Seit 1999 heißt es Kulturhauptstadt, Weimar war eine davon.
Wird da nicht Geld verpulvert?
Viel ist relativ. Und verpulvert werden nur Kulturignoranten sagen. Die EU gibt gerade mal 1,5 Millionen Euro. Vor Ort geht es jeweils, dank nationaler Mittel und vor allem Industriesponsoren, um einige zig Millionen. Das Budget Ruhr 2010 wird sogar auf bis zu 150 Millionen geschätzt. Man kann streiten, ob es besser ist, solche Summe reihum en bloc zu investieren oder mit der Gießkanne ständig alle Theater, Künstler, Museen und Architekturkampagnen ein bisschen zu beträufeln.
Kann jede Stadt mitmachen?
Im Prinzip ja. Kulturhauptstädte sollen "nachhaltig und unmittelbarer Bestandteil einer längerfristigen Strategie für die kulturelle und soziale Entwicklung sein" (EU-Vorgabe). Die Länder sind auf lange Sicht festgelegt - derzeit bis 2019. National werden dann Städte oder Regionen vorgeschlagen. Eine 13-köpfige Kulturexpertenjury wählt aus und ernennt. Eine gewählte Stadt kann andere Städte oder Regionen miteinbeziehen. Vorbildlich tat das Luxemburg 2007, das die Nachbarn Elsass, Saarland, Wallonie und die Deutschsprachige Gemeinschaft Belgiens zum Hauptstadtpartner machte.
Und jedes Jahr ein neues Land?
Seit 2007 sind es zwei Staaten, eines aus den alten EU-Ländern und eines aus den neuen. Zypern ist übrigens 2017 dran, noch vor Malta und Bulgarien.
16 Sep 2011
AUTOREN
TAGS
ARTIKEL ZUM THEMA
Obwohl ein Kulturhauptstadtjahr Millionen kostet, ist der Titel „Europäische Kulturhauptstadt“ begehrt. Unser Autor fragt warum.
Im Bergbauland: Die belgische Drachenstadt Mons, eine wenig beachtete wallonische Provinzmetropole, darf sich 2015 als Europas Kulturhauptstadt bezeichnen.
Man sagt über die Esten, sie seien künstlerisch veranlagt. Das sieht man vor allem in Tallinn. Die Kulturhauptstadt 2011 präsentiert sich als bunte Metropole.
Auf dem Flohmarkt, im Museum oder in Bunkern – in der estnischen Hauptstadt Tallinn ist noch der Umbruch vom Sowjetstaat zur postkommunistischen Ära zu spüren.
Unter dem Motto „Kultur tut gut“ feiert Turku, Finnlands älteste Stadt, das Kulturjahr 2011. Die Stadt an der Ostsee war schon immer das Tor zum anderen Europa.
In Estland ist der elektronische Staat Realität. Man bezahlt per Handy, wählt online. Tallinn ist der ideale Ort für die Ausstellung "Gateways - Kunst und vernetzte Kultur".