taz.de -- Kolumne Die Kriegsreporterin: Zur Tortenernte in den Schwarzwald
Der Vorstandsvorsitzende der Axel-Springer-AG will in eine Bettenbörse investieren und das ZDF zeigt, dass im Schwarzwald Torten in den Bäumen wachsen.
Hallo, taz-medienredaktion! Es ist die Zeit der großen Fragen. Ist das Modell "Papst" noch zeitgemäß? Kann der Papst ohne Stab noch laufen oder kippt er um? Und die unterschwelligste aller Fragen, die bei quasi jeder Berichterstattung mitschwang: Sind die Deutschen des Papstes würdig? Meine Frage der Woche ist: Hat Matussek noch alle Tassen im Schrank?
Auch ZDF info fragt aktuell viel, obschon, so suggeriert der Name, es doch eher Antworten geben will. "Wie tickt …?" heißt eine sechsteilige Reihe, in der der Filmemacher Stephan Lamby "Meinungsführer" trifft. Er hätte auch mich treffen können. Das hätte viele Gebührengelder gespart und wäre schneller gegangen. Bunte-Chefin Patricia Riekel? Tick, tick, tick, tick, tick, tick-ding-dong-tick, tick, tick, pling! Norbert Lammert? Tack-Tack-Tack-Tack-Tick-Tack-Tack-chrrr-chrrr-Tack-Tack-chrrr-chrrrr-Tack. Jakob Augstein? Drrrrrrrrrrdrrrrrrrrrr.
Die Süddeutsche Zeitung ist immerhin in der Lage, Fragen zu beantworten, die noch gar keiner gestellt hat. Sie weiß, wie Anfang Oktober das Wetter in Perugia sein wird. In ihrem Artikel über den Berufungsprozess um Amanda Knox heißt es, falls es zu Freisprüchen käme, muss man sich "auf einen Sturm gefasst machen". Hoffentlich lesen auch die Italiener die Süddeutsche, so dass sie das Regenzeug griffbereit haben. Mich zieht es aktuell mehr Richtung Schwarzwald, denn dort, so verstehe ich das ZDF, wachsen Torten in den Bäumen. Was eine ziemliche Wucht ist. Ein Trailer zur Sendung über "die Wunderwelt des Schwarzwaldes jenseits von Kuckucksuhr und Kirschtorte" brachte mich auf den Gedanken, zur Tortenernte dorthin zu fahren.
Ein Herz für Leute, die nicht wissen, wohin, zeigt der Mathias Döpfner, Vorstandsvorsitzender der Axel-Springer-AG. Döpfner will in eine Bettenbörse investieren, bei der Reisende Übernachtungen bei Privatpersonen buchen können. Ich nehme an, dass dies Vorhaben auf Druck des Betriebsrates entstanden ist, der darauf gedrängt hat, den Entlassenen der letzten Jahre irgendwie unter die Arme zu greifen. Stichwort soziale Verantwortung. Oder vielleicht geht es schlichtweg darum, in den Redaktionen Reisekosten zu sparen? Wo Springer doch angeblich alle Kosten einer Reise selbst trägt, statt sich wie branchenüblich von den Veranstaltern einladen zu lassen.
Weil nur ausgeben kann, wer einnimmt und man - glaubt man der Führungselite - nie genug einnehmen kann, haben die Verlage das Prinzip der Ausbeutung, das ihre Objekte immer dann gern beklagen, wenn es weit weg stattfindet, zur Handlungsmaxime erhoben und pressen und pressen an den freien Journalisten rum, wie es nur geht. Dass das so nicht geht, hat jetzt das Landgericht Hamburg verkündet und den Rahmenvertrag der Gruner + Jahr-Wirtschaftsmedien (u. a. Capital, FTD, Impulse) in großen Teilen für rechtswidrig erklärt. Der Deutsche Journalistenverband hatte geklagt, wofür ich ihm meinen ausdrücklichen Dank aussprechen möchte.
Auch gegen die Total-buy-out-Verträge des Axel Springer Verlags hat der DJV Klage eingereicht. Ein Sieg hieße, dass der Geschäftspraxis "wir zahlen einmal (wenig) und machen x-mal Geld damit" zumindest Einhalt geboten wäre. Gruner + Jahr und der Springer Verlag werden dadurch nicht bluten. Und wenn doch? Dann gibt es da so eine Bettenbörse, da kann man günstig bei Leuten übernachten. Sicherlich ist auch ein Kämmerchen in Blankenese und Potsdam dabei, wir wollen die Vorstandsvorsitzenden ja nicht aus ihrem gewohnten Umfeld reißen … Die Liege ausklappend zurück nach Berlin!
27 Sep 2011
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