taz.de -- Kolumne Die Kriegsreporterin: Die Archbitch of Canterbury
Das Gute an Print: Wenn man etwas sagen will, dann steht das da auch. Nicht so bei der BBC, deren Software für Gehörlose offenbar nicht besonders gut funktioniert.
Hallo taz-Medienredaktion!
Endlich kommt wieder Bewegung ins Tiersegment. War es zuletzt recht still in den Zeitschriftenregalen, in denen die Lektüre für die Freunde von Hund, Katze, Maus liegt, raschelt es nun wieder. Hundeschau heißt das Blatt, mit dem die MG Medien Verlags GmbH wohl all jene ansprechen möchte, die sich seit Adenauers Abgang hartnäckig der Moderne widersetzen. Der Verlag sitzt in Pullach. Entsprechend top ist das Konzept, mit dem er die Halter von Hasso, Rex und Waldi anzusprechen gedenkt: Man will Hunderassen und ihre Eigenarten vorstellen. Der redaktionelle Clou: Hundetrainer geben Erziehungstipps. Am meisten aber freue ich mich auf die Buch- und TV-Tipps, damit ich nichts verpasse. "Die große RTL-Zeckenshow" etwa oder "Deutschlands schlaueste Terrier".
Damit Bild-Leser nicht länger dümmer sind als jeder Straßenköter bzw. damit die Leser der Zeitung, die meint, in der Mitte der Gesellschaft angekommen zu sein, nicht länger davon ausgehen, "Böll" sei ein Duschkopfhersteller und Isaac B. Singer ein Nähmaschinenfabrikant, bringt die Bild-Redaktion jetzt eine 20-bändige "Nobelpreis Bibliothek" heraus, "Die Krone der Literatur". Gekonnt hat man leicht verständliche Werke wie "Das Dschungelbuch" und "Hundert Jahre Einsamkeit" ausgewählt. Weil der arme Heinrich Böll sich nicht mehr wehren kann und es keiner für ihn tut, wird auch er in den Dienst der Bild-Image-Politur gestellt. Überraschenderweise nicht mit "Die verlorene Ehre der Katharina Blum", einem Buch, das ja alles hat, was ein Bild-Leser für sein Weltbild so braucht: einen Terroristen, eine Terrorbraut und eine Zeitung, die alles ins rechte Licht rückt.
Nicht in so richtig gutes Licht hat sich Sabine Christiansen gestellt, die im Fernsehspot der Bild einen etwas vernuschelten Eindruck macht. Für ein Gebiss eindeutig zu jung, fragt man sich, ob sie sich, sagen wir mal "in angeheitertem Zustand" vor die Kamera gestellt hat. Nicht, dass sie besonders heiter wirkt, aber sie nuschelt, wie man es von Uli Wickert aus seinen besten Zeiten kennt. Abervielleischthabisch misch daaucheinfach gedäuscht. Immerhin versteht man ja noch, was sie sagen will. Was keine Selbstverständlichkeit ist, jedenfalls nicht im Fernsehen.
Umso mehr freue ich mich, mich eines so direkten Mediums zu bedienen, das auch für Gehörlose verständlich ist. Bei der BBC nämlich, so war in der FTD zu lesen, kommt bei denen nicht immer alles so an, wie es gemeint ist. Weil die Software, die das gesprochene Wort zum Verständnis für die Tauben in ein geschriebenes verwandelt, nicht zuverlässig arbeitet, wurde etwa aus dem "Archbishop" of Canterbury die "Archbitch of" und ein Bauer, der beklagte, dass Schweine an seinen Gummistiefeln, Wellies, knabbern, sagte demnach, sie knabberten an seinem "Willie". Das ist das Gute an Print. Wenn man sagen will: "Günther Jauch ist ein Mordsmoderator. Zum Glück hat man ihn für viel Geld eingekauft, der kann Sachen, die kann kein anderer", dann steht das da auch. Und nicht etwa: "Wer hat eigentlich den Stock mit dem Hundeblick da auf den Sessel gesetzt?"
Und wer für viel Geld, 6,80 Euro, die angeblich einmalige Neuauflage von Max kauft, bekommt nicht nur ein hübsches, zusammenhangloses Sammelsurium, er findet auch die Antwort auf die Frage, woher die Motivation kommen mag, Max wiederzubeleben. 34 Seiten "Der neue Beetle im großen Spezial". Was sonst als Corporate Publishing Magazin mühsam seinen Vertriebsweg suchen müsste, hängt einfach dran, an Max. Und wird das Heft finanziert haben. Beeindruckt ob der Gerissenheit zurück nach Berlin!
25 Oct 2011
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