taz.de -- Geordnete Staats-Insolvenz: Rösler lässt Eckpunkte erarbeiten
Der Bundeswirtschaftsminister und seine Liebe zum I-Wort: Nun lässt Philipp Rösler (FDP) klare Regeln für eine geordnete Insolvenz hochverschuldeter Staaten der Eurozone ausarbeiten.
BERLIN dpa | Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) hat nach einem Zeitungsbericht grobe Eckpunkte für eine geordnete Insolvenz hochverschuldeter Euro-Staaten erarbeiten lassen. Das gehe aus einem Brief seines Ministeriums an das Finanzressort hervor, berichtet die Frankfurter Allgemeine Zeitung. Die Eckpunkte sollen in den Vertragsentwurf über den permanenten Krisenmechanismus ESM einfließen, in dessen Rahmen die Regelung eines Insolvenzverfahrens vorgesehen ist.
Nach dem Bericht sehen die Eckpunkte Folgendes vor: Wenn ein Land seine Schulden nicht mehr tragen könne, müsse es in einem festgelegten Verfahren gegebenenfalls auch eine teilweise Einschränkung seiner Souveränitätsrechte in Kauf nehmen. Das Verfahren müsse ein unabhängiges Gremium führen, das die Verhandlungen zwischen Schuldnerstaat und Gläubigern organisiert und überwacht. Perspektivisch könne ein "Europäischer Währungsfonds" als Nachfolger des ESM diese Aufgabe übernehmen. Parallel zu den Verhandlungen müsse das Land ein "glaubwürdiges Sanierungsprogramm" zur Etatkonsolidierung aufstellen.
"Finanzhilfen des ESM sollten nur erfolgen, wenn sich die Gläubiger angemessen beteiligen", heißt es nach Angaben der Zeitung. Könnten sich Schuldenland und Gläubiger nicht einigen, müsse das für beide Seiten mit erheblichen Nachteilen verbunden sein - etwa mit dem Zugriff auf die Vermögenswerte des Landes und mit Vermögensverlusten für die Gläubiger.
Unionsfraktionsvize Michael Fuchs nannte es im Südwestrundfunk sinnvoll, solche Eingriffe jetzt zu planen. Die Finanz- und Wirtschaftszahlen Griechenlands gäben jenen recht, die meinten, das Land sei pleite. Er könne "nicht direkt nachvollziehen", weshalb Luxemburgs Premier Jean-Claude Juncker als Chef der Euro-Gruppe glaube, eine Pleite Griechenlands könne noch abgewendet werden.
4 Oct 2011
ARTIKEL ZUM THEMA
Streiks legen in Griechenland weite Teile des öffentlichen Lebens lahm. Die Angestellten protestieren gegen Sparmaßnahmen und angekündigte Entlassungen im öffentlichen Dienst.
Der Streit in den Regierungsparteien über Hilfen für Griechenland und dessen mögliche Insolvenz geht weiter. Trotz eines Rüffels von Kanzlerin Merkel will der FDP-Chef kein Blatt vor den Mund nehmen.
Die Attacken auf den Wirtschaftsminister hören nicht auf. Die SPD hält einen Rücktritt für dringend nötig, die Wirtschaft kritisierte Röslers Gedankenspiele als unverantwortlich.
FDP und CSU verschärfen in der Euro-Krise die Tonlage - die Kanzlerin pfeift ihren Vizekanzler prompt zurück. Ist auch die Koalition in der Krise?
Die Kanzlerin hat Spekulationen über eine mögliche Insolvenz Griechenlands strikt zurückgewiesen. Damit geht sie auf Konkfrontationskurs zu Vizekanzler Rösler.