taz.de -- Kommentar Protestwelle in USA: Das Ende der Reagan-Ära

Es sind nicht nur ein paar linke Nörgler, die in den USA auf die Straße gehen und mehr Gerechtigkeit fordern. Es ist ein linke Gegenbewegung zur Tea Party auferstanden.
Bild: Fürchtet die "Gelbe Gefahr": US-Präsident Barack Obama.

Onkel Sams Hütte brennt. Die Wut der Wall-Street-Besetzer weitet sich zum Flächenbrand aus. Was im intellektuell geprägten Finanzdistrikt von Manhattan begonnen hat, zieht sich nun von Boston über Seattle und Chicago bis an die Westküste.

Politiker, Schauspieler und nun sogar Multimillionäre wie Großinvestor George Soros stehen hinter der Kriegserklärung an ein marodes und korruptes Banken-, Wirtschafts- und Sozialsystem, dessen Opfer 99 Prozent der US-Bevölkerung sind.

Die Wall Street ist dafür nur ein Symbol. Es steht für ein politisch-industrielles System, das seit der Reagan-Ära vor 30 Jahren ununterbrochen Krieg gegen die Mittelschicht führt. Ein Krieg zugunsten der Superreichen, die gerade mal 0,1 Prozent der Bevölkerung ausmachen.

Während in der Hauptstadt Washington inzwischen eines von drei Kindern Hunger leidet, pumpt der politisch-industrielle Komplex lieber Geld in den Schutz der Topverdiener, anstatt die Sozialsysteme zu stärken: Pro Jahr investiert er 3 Milliarden Dollar für Lobbyisten, deren Aufgabe es ist, die Gesetzgebungsverfahren zugunsten der Superreichen zu beeinflussen. Die Folgen der Finanzkrise von 2008 haben das Fass allmählich zum Überlaufen gebracht.

Die Proteste der Demonstranten gelten aber auch einer maroden US-Justiz, deren konservativ dominiertes oberstes Gericht Todesurteile wie das gegen Troy Davis ohne Begründung zulässt.

Sie attackieren ein System, in dem seit 1973 mindestens 138 Unschuldige zum Tode verurteilt worden sind. Und schließlich richten sie sich gegen eine Regierung, in der Konservative verhindern, dass es eine Klimaschutzpolitik gibt.

Die Ausweitung der Proteste zeigt: Es ist kein kleiner Haufen linker Nörgler, der da nach mehr Gerechtigkeit ruft.

Unterstützt von Exarbeitsminister Robert Reich und Präsident Barack Obamas ehemaligem Umweltberater Anthony Van Jones, ist eine linke Gegenbewegung zur Tea Party entstanden.

Und die neue Stimme gegen den Ausverkauf Amerikas basiert auf Fakten - zementiert in Harvard-Studien oder vom Auslandsgeheimdienst CIA. Der gibt in seinem Weltfaktenbuch zu, dass die USA Weltführer in sozialer Ungleichheit sind.

Nordafrika hat vorgemacht, wie man einen demokratischen Frühling erblühen lässt - und in den USA gibt es eine lange Tradition des Protests, auf die sich die neue Bewegung beziehen kann.

4 Oct 2011

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Passenheim

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