taz.de -- Kommentar: Gentrifizierung in St. Georg: Fragwürdige Vorgänge

Wenn Behördenmitarbeiterinnen vom Chef angestiftet werden, gegen das "informationelle Selbstbestimmungsrecht" zu verstoßen und Daten über den Gastronom zu liefern, ist das eigentlich ein Fall für den Staatsanwalt.
Bild: Mit ihr über sexuelle Dienstleistungen zu sprechen, soll unter Strafe stehen: Prostituierte in St. Georg.

Der Fall war von Anfang an merkwürdig. Denn eigentlich sollte die Bezirksverwaltung - zumindest von der Logik her - ein Interesse haben, dass Gastronomen auf dem Hansaplatz von der Möglichkeit der Außengastronomie Gebrauch machen. Es mag auch verständlich sein, dass die Fachabteilung des Bezirksamts Mitte solche Anträge kritisch prüft.

Aber dass Bezirksamtsleiter Markus Schreiber (SPD) mal wieder seinem Ruf als "Bezirks-Sheriff" gerecht wird und sich höchstpersönlich der Sache annimmt, um vertrauliche Daten von der Polizei und dem Verfassungsschutz zur Untermauerung des Schankverbots zu erhalten - das ist schon mysteriös. Welche unheimlichen Kräfte stehen dahinter, die Schreiber zum Handeln treiben?

Nun ist es kein Geheimnis, dass Ex-Bürgermeister Ole von Beust am Hansaplatz 6 eine Wohnung besitzt, die er an seinen einstigen Studienfreund und Ex-Justizsenator Roger Kusch vermietet hat. Doch weder Kusch noch von Beust sind Parteifreunde Schreibers.

Wenn Behördenmitarbeiterinnen vom Chef angestiftet werden, gegen das "informationelle Selbstbestimmungsrecht" zu verstoßen und Daten über den Gastronom zu liefern - selbst wenn sich mal ein Zuhälter in seiner Kneipe aufgehalten haben sollte -, ist das eigentlich ein Fall für den Staatsanwalt.

7 Oct 2011

AUTOREN

Kai von Appen

ARTIKEL ZUM THEMA

Sexarbeit in St. Georg: Kritik an Kontakt-Verbot für Freier

Prostitutions-Expertinnen lehnen das geplante Kontaktverbot für Freier in St. Georg ab. Sie fordern einen Runden Tisch.

Gentrifizierung in St. Georg: Chefsache Sommerterrasse

Eine auf Facebook kursierende E-Mail zeigt, wie sich der Leiter des Bezirksamts Mitte an Konzessionsstreitigkeiten über die Kneipe "Hansa-Treff" beteiligte.