taz.de -- Reaktionen auf Verurteilung Timoschenkos: EU ist tief enttäuscht

Nach der Verurteilung von Julia Timoschenko droht Brüssel der Ukraine mit "ernsten Folgen", Moskau nennt das Urteil "antirussisch". Timoschenko kündigte Widerspruch an.
Bild: Wut in Kiew: Anhänger Julia Timoschenkos vor dem Gericht.

KIEW afp/dpa/taz | Nach der Verurteilung der früheren ukrainischen Ministerpräsidentin Julia Timoschenko zu sieben Jahren Haft hat die EU-Kommission dem Land mit "ernsten Folgen" für die gemeinsamen Beziehungen gedroht.

"Die EU ist tief enttäuscht", sagte eine Sprecherin der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton. Der Prozess habe nicht internationalen Justizstandards entsprochen. Timoschenko war am Dienstag des Amtsmissbrauchs im Zusammenhang mit einem Gasgeschäft schuldig gesprochen worden.

Das Gericht in Kiew verfügte über die Haftstrafe hinaus, dass Timoschenko 137 Millionen Euro Schadenersatz zahlen muss. Diese Summe habe die Ukraine wegen der von Timoschenko ausgehandelten Gasverträge mit Russland aus dem Jahr 2009 verloren. Mit dem Urteil folgte das Gericht der Forderung der Staatsanwaltschaft. Die Verteidigung hatte auf Freispruch plädiert.

Noch während der Richter das Urteil verlas, kündigte Timoschenko Widerspruch vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte an. Sie erkenne den Schuldspruch nicht an und werde weiter um ihren "ehrlichen Ruf" kämpfen, sagte die inhaftierte Galionsfigur der Orangenen Revolution von 2004.

Tausende demonstrieren gegen das Urteil

Der Richter sei eine Marionette von Präsident Wiktor Janukowitsch. Dieser hatte Timoschenko bei der Wahl Anfang 2010 knapp geschlagen. In Kiew demonstrierten am Dienstag Tausende Anhänger der 50-jährigen Oppositionsführerin gegen das Urteil.

Auch die Bundesregierung kritisierte das Urteil. "Es wirft leider ein sehr negatives Schlaglicht auf die Rechtsstaatlichkeit in der Ukraine", erklärte Außenminister Guido Westerwelle. Die russische Regierung wiederum bezeichnete das Urteil gegen Timoschenko als "offensichtlich antirussisch".

Das Gericht habe ignoriert, dass die 2009 von Timoschenko und ihrem russischen Amtskollegen Wladimir Putin ausgehandelten Gasverträge den Gesetzen der Ukraine und Russlands entsprächen. "Ich verstehe ehrlich gesagt nicht ganz, wofür sie ihr diese sieben Jahre gegeben haben", sagte Putin.

Der ukrainische Präsident Wiktor Janukowitsch äußerte am Dienstagnachmittag Verständnis für die Kritik an dem Urteil. "Das ist ohne Zweifel ein bedauernswerter Fall, der die europäische Integration der Ukraine behindert", sagte Janukowitsch in Kiew. Zugleich betonte er, dass das Urteil "nicht definitiv" sei und Timoschenko gegen ihre Verurteilung zu sieben Jahren Haft Berufung einlegen könne.

11 Oct 2011

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