taz.de -- Umsonst-Software droht Pleite: OpenOffice kämpft ums Überleben

Nachdem sich Oracle aus dem Projekt OpenOffice zurückgezogen hat, geht den Betreibern der freien Bürosoftware das Geld aus. Es gibt bereits eine Alternative für die Benutzer.
Bild: Umsonst - aber nicht vergeblich: OpenOffice.

BERLIN taz | Nach dem Absprung des Softwarekonzerns Oracle kämpft OpenOffice ums Überleben. Die kostenlose Bürosoftware ist in Deutschland auf etwa jedem fünften Computer installiert und somit das größte Konkurrenzprodukt zum Marktführer Microsoft Office. Mit einer Spendenkampagne will OpenOffice die zukünftige Entwicklung finanzieren. Unter dem Titel "OpenOffice darf nicht sterben" wirbt das Projekt um Unterstützung.

Die Entwicklung von OpenOffice wurde in der Vergangenheit federführend von der Firma Sun finanziert. Doch im April 2009 wurde Sun vom Datenbankspezialisten Oracle übernommen. Oracle hielt wenig vom Engagement Suns für freie Software und beendete die Unterstützung einer Reihe von Projekten, darunter das Betriebssystem OpenSolaris. Zuletzt gab Oracle auch OpenOffice auf. Doch das Projekt steckt schon eine Weile in der Krise: Die letzte neue Version erschien bereits im Januar.

Schon vor Oracles Absprung rumorte es bei der freien Bürosuite. Einige Programmierer verließen das Projekt aus Unzufriedenheit und gründeten im vergangenen Jahr die Abspaltung LibreOffice. Dies wird inzwischen unter dem Dach der gemeinnützigen Organisation "The Document Foundation" weiterentwickelt. Die Finanzierung kommt unter anderem vom Internetgiganten Google und von den Linux-Firmen Canonical und Novell. Ein finanzielles Scheitern von OpenOffice wäre für die Nutzer von OpenOffice also kein Beinbruch: Sie könnten schlicht auf LibreOffice setzen.

Unklar ist, wieso es überhaupt zwei Projekte braucht. LibreOffice und OpenOffice unterscheiden sich für den Anwender kaum - das Ziel der Entwicklung einer freien Officeapplikation teilen sie. Vom "Team OpenOffice", das die Spendenkampagne organisiert, heißt es hierzu, dass OpenOffice weiter gebraucht wird, weil das Projekt auch professionellen und kommerziellen Support bietet. Man suche das Gespräch mit LibreOffice und würde eine Zusammenführung der Projekte begrüßen. Von Seiten der LibreOffice-Entwickler wiederum wird erklärt, dass jeder eingeladen sei, sich bei ihnen an der Entwicklung zu beteiligen. Im Gegensatz zu OpenOffice sei man sehr aktiv und veröffentliche regelmäßig neue Versionen.

OpenOffice und LibreOffice sind beide sogenannte freie Software - auch Open Source genannt. Zwar wird die Entwicklung von Firmen unterstützt, jedoch darf die Programme nicht nur jeder kostenlos nutzen, sondern auch nach Belieben verändern. Hierfür steht neben den Programmen selbst auch der sogenannte Quellcode im Internet zur Verfügung. Dadurch kann immer, wenn ein freies Softwareprojekt stirbt, die Entwicklung von anderen wieder aufgenommen werden.

12 Oct 2011

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Hanno Böck

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