taz.de -- Gaddafis größte Auftritte: Under My Umbrella
Revolutionsführer, Popstar, Stilikone: Muammar al Gaddafi ist tot. Irgendwie wird man ihn und seine großen Auftritte dann doch vermissen. Ein Best of.
Seine musikalische Karriere begann spät. Als Junge aus einfachen Verhältnissen, gelang es Muammar al Gaddafi erst im hohen Alter, sein ertragenes Leid in große Poesie umzuwanden.
Nachdem der kaum noch aufzuhaltende Hype der Stammesfolklore sich immer breiter zu machen drohte, lief Gaddafi zu Höchstformen auf und produzierte [1][seinen größten Hit], der stilprägend sein sollte.
Doch er hatte es nicht leicht. Obwohl er sich innerhalb kürzester Zeit internationales Ansehen verschafft hatte, musste er sich gegen [2][Plagiatsvorwürfe] verteidigen.
Der Knebelvertrag mit seinem Produzenten hinderte ihn daran, wirklich Neues zu produzieren, so dass er sich auf Coverversionen konzentrierte. Dabei entstanden wunderschöne Stücke, die ihn nicht nur in Libyen unvergessen machen.
Kritiker warfen ihm vor, er habe keine ausdrucksstarke Stimme. Sein dröhnender Beat sei nur durch den Einsatz von Vocodern zu ertragen. Doch posthum entdeckte Studioaufnahmen bislang [3][unveröffentlichter Schmusesongs] zeigen, dass auch das nur eine Propagandalüge war.
Seine Message bestand aber nicht aus holzschnittartigen Parolen. Man musste schon genau hinhören und zwischen den Zeilen lesen, um die ambivalenten, verstörenden, uneindeutigen Soundcollagen wirklich zu verstehen.
Am besten eigneten sich dafür seine [4][Live-Auftritte], die noch heute Gänsehaut verursachen.
21 Oct 2011
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