taz.de -- Führungsfrau über Kinder und Karriere: "Fürs Fensterputzen gibt's kein Lob"

Kinder und Karriere unter einen Hut zu bringen ist anstrengend, lohnt sich aber, sagt Andrea Rohmeder. Entscheidend sind Partner und Arbeitgeber, die mithelfen.
Bild: Kinderbetreuung ist essenziell für arbeitende Paare.

taz: Frau Rohmeder, in Ihrem Unternehmen Nokia Siemens Networks beraten Sie Kolleginnen, die Mütter werden. Warum?

Andrea Rohmeder: Ich bin nicht die "Mütterbeauftragte" der Firma. Aber ich gelte als "best practice": Ich habe drei kleine Kinder, arbeite Vollzeit und in einer Leitungsfunktion. Nach jeder Geburt bin ich schnell wieder ins Büro zurückgekehrt. Erst beim dritten Kind war ich ein Jahr in Elternzeit.

Viele Mütter in Deutschland steigen mehrere Jahre aus dem Beruf aus und arbeiten später Teilzeit.

Das ist ein großes Problem, in erster Linie für die Frauen. Teilzeitjobs sind ja meist anspruchsloser und bieten keinerlei Karrierechancen. Das kam für mich überhaupt nicht in Frage. Ich habe mir nach jeder Elternzeit immer wieder eine gute Position zurückerobert. Das ist auch eine Investition in die Zukunft: Ich werde noch 25 Jahre arbeiten, das kann ich mir nur auf einer interessanten Stelle vorstellen.

Raten Sie allen Frauen zur Vollzeit?

Es gibt kein Rezept, wie und in welchem Zeitrahmen Frauen arbeiten sollen. Das muss Jede für sich selbst entscheiden. Ich erzähle den Frauen, die zu mir kommen, immer nur davon, wie ich es mache.

Wie machen Sie es?

Ohne meinen Mann ginge es nicht. Der Partner muss in jedem Fall mitziehen. Mein Mann ist selbstständig und arbeitet sogar mehr, als eine Vollzeitstelle hergeben würde. Wir sind durchorganisiert: Mein Mann bringt die beiden Großen jeden Morgen in den Kindergarten und holt sie dort ab, er fährt sie zum Fußball und zum Schwimmen. Ich nehme den Kleinen mit in die Krippe. Wenn ein Kind krank ist, schauen wir beide in unsere Kalender, und es geht derjenige von uns zum Kinderarzt, der weniger Termine hat.

Sie könnten sich doch auch eine Nanny leisten.

Wir hatten sogar zwei Nannys, aber nicht lange. Eine weitere Person bringt zusätzlich Unruhe in die Familie, für uns war das eher stressiger als entlastender.

Warum sollen Mütter überhaupt arbeiten?

Ich habe meine Zeit mit den Kindern immer sehr genossen. Aber jedes Mal habe ich nach einer Weile gemerkt, dass mir das nicht reicht. Ich wollte wieder die Bestätigung bekommen für etwas, das ich gut gemacht habe, außerhalb meines Heims. Für geputzte Fenster erntet man kein Lob. Außerdem schrumpft die Hausarbeit die Zeit mit dem Kind. Mütter zu Hause haben nicht unbedingt mehr vom Kind als berufstätige Mütter. Und Mütter in Teilzeitjobs sind vor allem günstig für die Männer. Die Frauen arbeiten ein paar Stunden, kümmern sich aber trotzdem allein um Haushalt und Kinder.

Viele berufstätige Mütter beklagen, dass ihnen für sich selbst wenig Zeit bleibt.

Das ist richtig, das erlebe ich an mir auch. Abends bin ich oft so geschafft, dass ich nicht mal ans Kinoprogramm denken kann. Trotzdem glaube ich, dass es für die Paarbeziehung besser ist, wenn nicht nur der Mann arbeitet. Wer rausgeht, hat was zu erzählen. Außerdem ist es eine Frage der Eigenständigkeit. Viele Beziehungen gehen heute in die Brüche, und dann steht die Frau ohne Absicherung und ohne Rente da.

Wie sieht ein familienfreundliches Unternehmen aus?

Mit dem Unternehmen, in dem ich arbeite, habe ich großes Glück. Es gibt eine Betriebskita, und ich kann flexibel arbeiten, auch ab und zu von zu Hause aus. Hauptsache, ich erfülle meine Aufgaben und Ziele und bin erreichbar. In eine Abwesenheitsmail können wir schreiben: Ich arbeite heute von zu Hause, weil mein Kind krank ist. Bitte rufen Sie mich auf meinem Mobiltelefon an.

25 Oct 2011

AUTOREN

Simone Schmollack

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