taz.de -- Abmahnung vom Kartellamt: Wasserpreise gehen baden

Das Bundeskartellamt wird die Wasserbetriebe abmahnen. Der halbstaatliche Monopolist muss die Preise in der Folge wohl um 25 Prozent senken.
Bild: Dürfte günstiger werden: Flüssiges aus dem Wasserhahn.

Die Berliner Wasserpreise könnten im nächsten Jahr um rund ein Viertel sinken. Der Präsident des Bundeskartellamtes, Andreas Mundt, kündigte am Dienstag an, den Wasserbetrieben in den nächsten Wochen eine Abmahnung zu schicken. "Wir sind bemüht, wirklich die exzessiven Fälle herauszugreifen und Transparenz herzustellen", sagte Mundt auf einer Veranstaltung der Industrie- und Handelskammer.

Im Jahr 1999 hatte die Koalition aus CDU und SPD unter dem Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen einen Anteil von 49,9 Prozent an den Wasserbetrieben verkauft. Den neuen Miteigentümern wurde dabei eine garantierte Rendite auf das Kapital versprochen, das für den Betrieb der Wasserbetriebe notwendig ist. Das Ergebnis: In Berlin kostet 1 Kubikmeter Wasser 2,21 Euro, in vielen anderen Großstädten liegen die Preise bei 1,60 Euro bis 2,10 Euro. Von jedem Euro, den die Berliner für ihr Wasser zahlen, bleibt den Wasserbetrieben derzeit ein Gewinn von 25 Cent. Dieser Gewinn - im vergangenen Jahr knapp 300 Millionen Euro - fließt an die Eigentümer der Wasserbetriebe, also an das Land Berlin, RWE und Veolia.

Seit dem Frühjahr 2010 prüft das Bundeskartellamt, ob die Berliner Wasserbetriebe ihr Monopol auf die Wasserver- und -entsorgung missbrauchen. Ein Missbrauch liegt vor, wenn ein Unternehmen Preise verlangt, die es nur wegen seiner Monopolstellung durchsetzen kann. Das Kartellamt hat dazu die Kostenkalkulation der Berliner Wasserbetriebe mit den Wasserwerken zahlreicher anderer Städte verglichen.

Dabei ist durchaus erlaubt, in einer Stadt höhere Wasserpreise zu verlangen als in einer anderen. Laut einem Urteil des Bundesgerichtshofs in einem vergleichbaren Fall im vergangenen Jahr dürfen Anbieter sich dabei allerdings "nur auf solche Kostenfaktoren berufen, die auch jedes andere Unternehmen in der Situation vorfinden würde". Dazu zählt etwa die geologische Lage. Hingegen müssen "auf die Struktur des betroffenen Versorgungsunternehmens zurückgehende Umstände außer Betracht" bleiben, heißt es in dem Urteil. Eine hohes Renditeversprechen für die Eigentümer rechtfertigt also keine hohen Preise.

Das Bundeskartellamt will seine Abmahnung noch in diesem Jahr verschicken. Die Wettbewerbshüter hatten schon im Frühjahr kritisiert, dass der Kubikmeterpreis in der Hauptstadt um 25 Prozent zu hoch liegt. Die Wasserbetriebe können zunächst auf die Abmahnung antworten. Im nächsten Frühjahr könnte das Kartellamt dann seine Entscheidung verkünden: die schnelle Senkung der Wasserpreise. Das Kartellamt ordnet dabei in der Regel keinen festen Endpreis an. Es könnte hier etwa vorgeben, dass die Renditezusagen für die Eigentümer nicht mehr bei der Preiskalkulation berücksichtigt werden dürfen. In dem Fall würde der Wasserpreis schlagartig um ein Viertel sinken. Gleichzeitig würde der Gewinn der Wasserbetriebe auf einen Bruchteil sinken.

Die Wasserbetriebe haben bereits angekündigt, gegen eine solche Entscheidung zu klagen. In der ersten Instanz wäre das Oberlandesgericht Düsseldorf zuständig. Danach würde der Bundesgerichtshof entscheiden - von der Entscheidung des Kartellamtes bis zu dessen Urteil dauert es erfahrungsgemäß etwa drei Jahre. In diesem Zeitraum müssten jedoch die Wasserbetriebe bereits ihre Tarife senken.

22 Nov 2011

AUTOREN

Sebastian Heiser

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