taz.de -- Kommentar Minigipfel zur Eurokrise: Minigipfel gibt Miniantwort

Beim Treffen zur Eurokrise gab es kaum Ergebnisse. Man kann nur hoffen, dass Merkel nicht ernsthaft glaubt, es würde reichen, nur zu sparen – sondern dass sie gewohnt taktiert.

Kanzlerin Angela Merkel scheint in einer eigenen Welt zu leben. In einer Welt, in der es keine Eurokrise gibt und in der man es sich leisten kann, einen "Minigipfel" in Straßburg zu veranstalten, bei dem absolut nichts herauskommt. Was für ein Aufwand: Da treffen sich die drei Regierungschefs aus Deutschland, Frankreich und Italien, nur um hinterher anzukündigen, dass künftig jeder ganz doll bestraft wird, der nicht gegen seine Haushaltsdefizite ankämpft.

Offenbar ist Merkel entgangen, dass längst alle Regierungen - außer Deutschland - heftigst sparen. Nur leider nutzt das nichts. Denn sie alle sparen sich in eine Rezession. Portugal ist dafür das beste Beispiel. Seit zwei Jahren streicht das Land seinen Haushalt zusammen. Einziges Resultat: Die Wirtschaft kollabiert, so dass die Defizite bleiben. Die Ratingagenturen irren sich also nicht, wenn sie die portugiesischen Staatsanleihen auf Ramschniveau herabsetzen.

Wenn der Sparkurs allein nicht funktioniert: warum besteht Merkel trotzdem so eisern darauf? Die banale Erklärung scheint zu sein: Weil die Deutschen noch nicht sparen müssen. An ihnen geht die Eurokrise bisher fast wundersam vorbei. Die Steuereinnahmen sprudeln, die Arbeitslosigkeit ist niedrig, das Konsumklima ist nicht schlecht. Da fällt es schwer, sich vorzustellen, dass die Eurokrise demnächst auch die Bundesrepublik erfassen wird. Doch dieser gelassene Frohsinn dürfte nicht mehr lange währen. Denn die deutsche Wirtschaft stagniert bereits, und es ist unübersehbar, dass Europa ein langer Abschwung bevorsteht.

Die Eurokrise hat eine Dynamik erreicht, die immer neue Länder und Wirtschaftsbereiche erfasst. Um nur ein paar Krisenherde aufzuzählen: Der Interbankenmarkt ist komplett zusammengebrochen. Die Kreditinstitute finanzieren sich fast nur noch über die Europäische Zentralbank. Bei allen Banken tun sich enorme Löcher beim Eigenkapital auf, so dass sie kaum noch Kredite vergeben. Osteuropa bekommt dies besonders zu spüren: Es ist bereits vom internationalen Kapitalmarkt abgeschnitten.

Um es umgangssprachlich auszudrücken: Die Kacke ist am Dampfen. Man kann nur hoffen, dass Merkel nicht ernsthaft glaubt, es würde reichen, nur zu sparen - sondern dass sie gewohnt taktiert. Und einfach nur wartet, bis die Krise groß genug ist, damit auch ihre Wähler verstehen, dass Notmaßnahmen der EZB und ein Eurobond zwingend sind.

24 Nov 2011

AUTOREN

Ulrike Herrmann

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