taz.de -- Kommentar Die Piraten: Weniger Partei, eher Bewegung
Die Partei muss die zahlreichen Neu-Piraten integrieren und sie zur aktiven Beteiligung ermutigen. Nur so wird die Basisdemokratie nicht zur Macht der Wortführer.
Der Tonfall der Piraten über die Konkurrenz war hörbar abfällig. Zeitgleich mit der SPD hielten sie ihren Parteitag ab und - so tönten die Piraten - bei den Sozialdemokraten gebe es ja nicht einmal 500 Delegierte. Und das bei einer Partei mit knapp einer halben Million Mitglieder. Wohingegen auf dem Piraten-Parteitag mehr als 1.500 Mitglieder diskutierten und abstimmten, von bundesweit insgesamt 18.000.
Die Botschaft: Wir sind basisdemokratisch, ermöglichen jedem, der mitgestalten will, sich zu beteiligen, wir grenzen uns damit von anderen Parteien ab. Ein Argument, das im Berliner Wahlkampf funktioniert hat und das auf dem Parteitag auch bei den Diskussionen um Drogenpolitik und ein bedingungsloses Grundeinkommen anklang: Es sei die Chance auf ein Alleinstellungsmerkmal.
Es ist kein Zufall, dass viele Piraten - bis hinein in den Bundesvorstand - sich eher als Bewegung verstehen denn als als klassische Partei. Gerade die starke Betonung basisdemokratischer Praktiken ermöglicht, dass neue Ideen spontan eine große Gruppe Unterstützer finden können und dass, was vorgestern noch im Kopf eines Mitglieds herumspukte, heute schon im Programm steht.
Doch auf dem Parteitag zeigte sich ein Problem, das auch andere Organisationen kennen: klassische Wortführer, die gefühlt zu jedem zweiten Antrag das Mikro ergriffen.
Bei aller Basisdemokratie - hier haben die Piraten noch Nachholbedarf. Denn für die angestrebte thematische Verbreiterung mit Blick auf die Bundestagswahl muss es die Partei schaffen, die zahlreich zuströmenden Neu-Piraten zu integrieren und sie zur aktiven Beteiligung ermutigen. Und sicherstellen, dass die Basisdemokratie nicht zur Macht der Wortführer wird.
4 Dec 2011
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