taz.de -- Parlamentswahl in Russland: Dämpfer für Putin-Partei

Die Partei von Premier Putin erreicht bei der Parlamentswahl zwar die absolute Mehrheit der Sitze, hat aber ihre Zweidrittelmehrheit verloren. Hauptprofiteur: Die Kommunistische Partei.
Bild: Staatsfeind Nummer 1? Wladimir Putin.

MOSKAU rtr/dpa | In Russland hat die Partei von Ministerpräsident Wladimir Putin bei der Parlamentswahl deutliche Verluste hinnehmen müssen. Einiges Russland kam nach Auszählung von 95 Prozent der Stimmen auf 49,5 Prozent, wie die Wahlkommission am Montag mitteilte. Vor vier Jahren hatte die Putin-Partei noch mehr als 64 Prozent erhalten. Damit käme Einiges Russland auf 238 der 450 Sitze und hätte eine relativ knappe Mehrheit von 13 Sitze in der Duma.

Hauptprofiteur war die Kommunistische Partei, die bei der von Manipulationsvorwürfen begleiteten Wahl am Sonntag deutlich zulegen konnte. Die Kommunisten kamen auf rund 19 Prozent nach 11,6 im Jahr 2007.

Im Parlament sind nach Angaben von Tschurow alle vier bisherigen Parteien vertreten. Die Kommunisten kamen gegen Ende der Auszählung auf 19,16 Prozent der Stimmen und 92 Sitze, Gerechtes Russland auf 13,22 Prozent (64 Sitze) und die ultranationalistische Liberaldemokratische Partei von Wladimir Schirinowski auf 11,66 Prozent (56).

Die Wahl galt als Stimmungstest für den Regierungschef, der nach vierjähriger Karenzzeit kommendes Jahr als Präsident in den Kreml zurückkehren will. Amtsinhaber Dmitri Medwedew soll dann Regierungschef werden.

Die Wahl wurde von Wahlfälschungsvorwürfen und einer bisher beispiellosen Cyber-Attacke auf unabhängige Internetseiten überschattet. Regierungsgegner kündigten noch für Montag Massenproteste in Moskau an. Zu der Wahl für die Staatsduma waren am Sonntag rund 110 Millionen Bürger aufgerufen gewesen.

5 Dec 2011

ARTIKEL ZUM THEMA

Duma-Wahl in Russland: Hacker-Angriffe auf liberale Medien

Mehrere Medien und eine Wahlbeobachtergruppe glauben, von Putin-Anhängern gehackt worden zu sein. Online mehren sich Berichte über Unregelmäßigkeiten bei der Wahl.

Kommentar Putins Wahlschlappe: Zu früh zum Frohlocken

Das Wahlergebnis zeigt: Russland ist der selbstherrlichen und inkompetenten Selbstdarsteller überdrüssig. Ein demokratischer Aufbruch ist aber noch nicht in Sicht.

Regierungspartei nach Wahl in Russland: Weniger als die Hälfte

Zahlreiche Unregelmäßigkeiten und Schikanen haben die Parlamentswahl in Russland begleitet. Dennoch schafft Putins Partei nicht die 50-Prozent-Hürde, liegt aber weit genug vorne.

Soziologe über Duma-Wahl in Russland: "Die Nervosität wächst"

Ein kleiner, aber aktiver Teil der russischen Gesellschaft will sich nicht mehr unterwerfen, sagt Alexej Lewinson. Wladimir Putin könne es sich nicht länger erlauben, das zu ignorieren.

Kommentar Russische Parlamentswahl: Es bleibt die Imitation

Der Kreml hat den Bodenkontakt verloren. Mehr als zwei Drittel halten die Wahlen schon im Vorfeld für nicht fair. Die Legitimität der Herrschaft steht auf dem Spiel.

Wahlkampf in Russland: Kreml geht gegen Wahlbeobachter vor

Staatsanwaltschaft leitet Verfahren gegen eine Nichtregierungsorganisation ein. Diese hatte Verstöße gegen das Wahlrecht publik gemacht.