taz.de -- Wo Bremen brummt: Kriegswirtschaft krisenfest
Sieben Mal höher als im Bundesschnitt liegt in Bremen der Anteil der Rüstung an der Wirtschaftsleistung. Neue Broschüre von Friedensforum, Linken und Asta.
Bremen baut seine Position als Rüstungsstandort aus. Das geht aus der neuesten Auflage der Broschüre "Rüstungsstandort an der Weser" hervor, die gestern Friedensgruppen, die Linke und der Asta der Universität präsentierten. "Auch in Bremen wird der Krieg vorbereitet und das Töten perfektioniert", schreibt der Pastor Martin Warneke im Vorwort der mit den Jahren zu einem Buch angewachsenen Inventur der örtlichen Rüstungswirtschaft. "Ungezählte Menschen haben durch in Bremen hergestellte Produkte ihr Leben verloren."
Fregatten, Satelliten, logistische Systeme oder Torpedos werden hier gebaut - für den Export, aber auch für die eigene Armee. "Bremen leistet einen wichtigen Beitrag zur weltweiten Interventionsfähigkeit der Bundeswehr", sagt Hartmut Drewes vom Friedensforum. So habe beispielsweise Rheinmetall die Drohne "Heron 1" mitgebaut, mit der die Bundeswehr in Afghanistan Luftaufklärung betreibt.
Die fünf großen Bremer Rüstungsfirmen - Atlas, EADS, Rheinmetall, Lürssen und OHB - produzierten 2010 Rüstungsgüter im Wert von 1,15 Milliarden Euro. Das sind gute sieben Prozent der gesamten deutschen Rüstungsproduktion - während in der Stadt Bremen nur 0,7 Prozent der Bevölkerung lebt. "Rüstung ist hier überrepräsentiert, Bremen ist eine Rüstungshochburg", schreibt dazu Lühr Henken vom Bundesausschuss Friedensratschlag. Und während die Rüstungsproduktion bundesweit 0,64 Prozent der Wirtschaftsleistung ausmacht, sind es hier 4,8 Prozent. Die "Rüstungsdichte ist hier sieben Mal höher als im Bundesschnitt", so Henken.
Andrea Kolling von der Stiftung für Rüstungskonversion prophezeite, dass der Satellitenbauer OHB in hohem Maße von der im Aufbau begriffenen Europäischen Verteidigungsagentur (EDA) profitieren werde - auch wenn die EDA "jezt noch ein wenig vor sich hindümpelt".
Linke-Fraktionsvorsitzende Kristina Voigt kündigte an, mit parlamentarischen Anfragen weiter aufklären zu wollen, in welchem Umfang bremische Steuergelder in Rüstungsprojekte fließen. Das Wirtschaftsressort fördere beispielsweise den Competenzcluster MARISSA, in dem Rheinmetall und die Hochschule zur "Ressourcensicherung" forschen. Ebenfalls gefördert werde der Forschungsverbund "Competetive Aerial Robot Technologies" - damit erforscht Rheinmetall Optimierungsmöglichkeiten für Drohnen. "Die Bremer Uni ist die am stärksten drittmittelfinanzierte Hochschule Deutschlands", sagte Voigt. "Wir wollen, dass die militärischen Kooperationsprojekte umgewidmet werden." Solche Formen von Rüstungskonversion, also ziviler Umwidmung, "hat in Bremen Tradition".
Sören Böhrnsen vom Asta der Universität erinnerte daran, dass sich der Akademische Senat mit der Zukunft der Zivilklausel befassen werde. "Wir wollen die verteidigen", sagte er.
6 Dec 2011
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